Passierschein A38

Wir wussten, dass heute ein kleines Abenteuer auf uns wartete, aber dass es am dann doch so interessant wird, hatten wir uns nicht getraut zu glauben. Unsere Info war, dass wir heute am sehr frühen Morgen in den LKW einsteigen können, der mein Auto von Uruguay nach Chile bringt. Der Wecker war also auf 5:30 gestellt, da wir keine Antwort bekommen hatten, wann genau der Fahrer los wollte. Nach 10 min schrieb er dann auch schon, dass er gegen 10 Uhr bei uns in Mendoza sein würde. Also suchten wir uns einen guten Platz an der Hauptverkehrsstraße heraus, an dem er uns schnell einsacken konnte und warteten erstmal auf besseres Wetter. In Mendoza waren es heute nur 10°C. Nachdem es in den letzten Tagen immer um die 30°C waren, war das ein zu großer Unterschied für unsere Körper. Mit Musik und Tanzen haben wir uns versucht warm zu halten und haben dafür ein Hupkonzert der Autofahrer kassiert. Nach 2 Stunden Warten waren wir dann auch endlich in der warmen Fahrerkabine. David war uns sofort sehr sympathischer, gottseidank. Weil wir zu dritt sind, da er so nett war und auch zugestimmt hat, Yuval mitzunehmen, sitze ich im Bett zusammen mit meinem Gepäck aus meinem Auto. Schon nach Uspallata fahren wir auf ein Gelände, von dem wir beide keine Ahnung haben, was hier passiert. David erklärt uns, dass hier die ganze Ladung gecheckt wird. Nachdem wir den LKW abgestellt haben, finden wir uns in einem Meer aus Containern wieder. Der erste in den wir gehen, ist die Damentoilette. Der 2. das Büro von Decre, dem Fuhrunternehmen, wo nochmal alle Papiere gecheckt werden. Ab hier wurde es etwas komplizierter aber auch witziger. Wir können leider nicht beide mit einem LKW fahren, glücklicherweise ist David sowieso nicht allein unterwegs, sondern mit seinem Kollegen Pablo. Ich werde also mit David und Yuval mit Pablo fahren. Das einzige Problem ist nun nur noch, dass die Chefs das absegnen müssen und uns schnellstmöglich die Papiere zuschicken müssen, in denen wir quasi als Fracht eingetragen werden. Erst jetzt wird mir klar, dass ich die ganze Zeit schon mit dem Chef in Kontakt war und so wird es zu meiner Aufgabe, ihn anzurufen und uns schnell einzutragen. Mit etwas schwarzem Humor vergleiche ich es mit Menschenhandel und als unsere Reisepässe eingesackt werden muss ich anfangen zu lachen und meine nur, jetzt werden wir zur Prostitution gezwungen. Mit großen Augen werden unsere Pässe und vor allem mein deutscher Pass bestaunt. Wie hochwertig der verarbeitet ist. Das Gespräch geht 5 Minuten nur um meinen deutschen Reisepass. Ich komme aus dem Lachen nicht mehr raus. Keine Sorge, nachdem wir in den Papieren standen, haben wir alles wieder zurück bekommen. Danach waren wir erstmal in der Trucker-Kantine und wurden auf dem Weg und auch drinnen mit großen Augen, Tuscheln hinter unserem Rücken und schüchternem Lachen, nachdem wir an ihnen vorbeigegangen sind, begutachtet. Hiernach dachten wir, wir seien fertig, aber nichts da. Jetzt geht der Spaß erst richtig los. Da wir verschiedene Dinge geladen haben, wird alles einzeln überprüft. Alle Papiere meines Autos, alle Papiere der Kleidung aus China werden nochmal überprüft, was genau überprüft wird, keine Ahnung, aber wir durchlaufen etliche Stationen in einem Containerkomplex hintereinander, in dem auch direkt unsere Ausreise aus Argentinien und Einreise nach Chile im Pass eingetragen wird, obwohl wir erst 2 Stunden später über die Grenze fahren werden. Nach einem 4-stündigen Stempelmarathon verlassen wir das Gelände und fahren mitten in den Anden dem Sonnenuntergang entgegen. Ich kann nicht aufhören Fotos zu machen und so einsteht natürlich auch das Foto des Tages. Eigentlich wollte ich schon mal an meinem Artikel schreiben, aber das wird nichts. Die Ausblicke sind zu schön und die Straßen zu holprig. Langsam aber sicher kommen wir voran. Als es dunkel wird, verwandelt sich unserer Führerhaus in eine Cuarteto-Disco. Wir sind noch immer auf der argentinischen Seite und haben keine Ahnung, wo wir heute ankommen und schlafen werden. Als wir weiter Fortschritt machen, bemerke ich plötzlich: “Halt, Stop, hier war ich doch vor exakt 5 Monaten. Meinen aller ersten Ausflug meiner Weltreise habe ich nach Portillo unternommen und da man einmal so nah an der Grenze war, hat man einen Schritt auf die argentinische Seite gewagt. Wir sind also endlich an der Grenze und die Zollbeamten denken, dass ich die Frau von David bin und wollen alles Gepäck von mir auseinander nehmen und auch mein Auto, als wir aber klarstellen, dass ich aus Deutschland bin und durch Südamerika reise, lassen sie uns ohne das ganze Spektakel direkt weiter fahren. Hierauf folgt meine Lieblingsstraße in ganz Südamerika, die ich schon als Foto des Tages in meinem Beitrag von vor 5 Monaten hatte. (Den Link dazu findet ihr unten nochmal.) Heute ist es leider dunkel, aber es ist super interessant sich mit einem LKW diese Straße herunter zu schlängeln. Leider? Ganz im Gegenteil: Ich öffne das Fenster, genieße die Bergluft und lehne mich mit Blick in den wahnsinnigen Sternenhimmel aus dem Fenster. Das erste Mal in meinem Leben beschwere ich mich nicht, dass wir jemanden vor uns haben, der den Berg herunter kriecht. So kann ich in aller Ruhe eine ganze Stunde lang diesen wirklich unglaublichen Moment genießen. Durch die Serpentinen bekomme ich den extra Effekt eines sich drehenden Sternenhimmels und jedes Mal sehe ich einen anderen Berg, der auf dem Kopf steht und seine Silhouette gerade so abbildet vor dem dunklen Himmel. Ich wünschte ich könnte diesen Moment für euch einfangen, aber der ist heute nur für mich und Yuval und hunderte von LKW-Fahrern gedacht. So langsam werden wir alle müde und kommen gottseidank gegen 12 Uhr endlich in Los Andes an. Der Über bringt uns zu unserem Motel und als wir realisieren, dass es eine Unterkunft ist, in die Leute kommen um Sex zu haben, da man sie stundenweise bezahlen kann, ist das heutige Abenteuer perfekt und ich komme aus dem Lachen nicht mehr heraus. Ich habe wirklich lange nicht mehr so gelacht.

Hier mein Beitrag von vor exakt 5 Monaten: https://lets-world.de/wordpress/2023/11/12/der-weg-ist-das-ziel/

Und der Link zu meiner größten Reise-Challenge, mein Auto zu reparieren: https://lets-world.de/wordpress/2024/02/15/die-groste-reise-challenge-uberhaupt/

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