
Letzter Expeditionstag – heute gibt es nochmal einen komplett anderen Eindruck. Wir werden halb 7 von Stephis wundervoller Stimme über die Lautsprecher, die sich in jedem Raum befinden, geweckt. Wir sind kurz davor durch eine kleine Lücke in einen Vulkan zu segeln. Also schnell Zähne putzen und in die warme Kleidung springen und ab aufs Deck. Der Wind gibt heute alles was er zu bieten hat. Links und rechts Vulkangestein. Einfach wunderschön. Nach der Passage, geht es schnell zum Frühstück, denn wir sind nun im Vulkankrater, der Vulkan ist auch aktiv, was heißt, dass wir an unserem 1. Ziel sind. Die Crew lässt die Zodiacs schon ins Wasser und schaut ob es bei diesem Wellengang machbar ist. Alles kein Problem. Unsere Gruppe wird aufgerufen, wir springen in unsere Kleidung die im Mud-Room auf uns warten und wagen uns in die Wellen. Heutiges Motto: Sit&Slide, sobald du im Boot bist, setz dich hin, stehe nicht mehr auf, sonder rutsche nur noch nach links oder rechts. Ich sitze ganz vorn und werde klitschnass während der Fahrt zum Whaler’s Bay auf Deception Island. Was wir schon von weitem gesehen haben, dürfen wir jetzt von nahem bestaunen. Hier hat man vor gut 100 Jahren Wale gefangen und ihren Blubber in Walöl umgewandelt. Einige Häuser, riesige Silos und Geräte sind noch hier, ebenso aber auch unzählige Walskelette. Die Fur-Seals scheint das nicht zu stören. Was für ein unheimlicher Ort. Wenn man sich vorstellt, was hier von Statten gegangen ist, unvorstellbar. Nach einer kurzen aber unglaublich schönen Wanderung auf den Krater geht es auch wieder ins Warme und wir lernen unglaublich viel über die Giganten der See, was es noch unfassbarer macht, dass man die Wale fast ausgerottet hat. Wale sind intelligenter als wir denken. Sie haben extrem viel Empathie. Der Buckelwal sogar so viel, dass er die Gesellschaft von den kleinen Seelöwen genießt, um sie vor den Orcas zu beschützen. Bereits die letzten Tage mit den vielen Sichtungen, dachte ich mir, ich glaube ich bekomme ein neues Lieblingstier. Heute nach diesem Vortrag habe ich definitiv ein neues Lieblingstier: der Buckelwal. Aufgrund seiner Intelligenz konnte er seine Population extrem vorgrößern. Noch heute, vermeiden sie Orte, wie diesen, an dem wir heute waren. Gestern Abend haben wir ein seltsames Verhalten eines Buckelwals beobachten können. Und die heutige Frage war, warum machte er das. Die Antwort: warum spielen wir ein Karten Spiel ohne jeglichen Gewinn daraus zu gewinnen? Weil es uns Spaß macht. Weil wir üben wollen. Und genau so denken Wale. Sie machen Dinge nicht nur, um zu jagen und zu überleben, sondern auch, weil es ihnen Spaß macht und sie üben wollen um besser zu werden. Unglaublich. Was unterscheidet uns Menschen von Tieren. Dass wir sozial sind und Empathie empfinden? Sind Wale dann auch Menschen. Dieses Tier ist so unglaublich. Minky-Whales können unter dem Eis navigieren und mit ihrer Nase das Eis durchbrechen, Wedell-Seals können mit ihren Zähnen Eis so bearbeiten, dass sie sich wohlfühlen und einfacher in und aus dem Wasser rauskommen. Fur-Seals kommunizieren unter dem Eis mit Ultraschall, der durch dass Eis dringen kann. Evolution ist einfach unfassbar, wie es all diese Dinge entwickelt hat. Wir müssen definitiv besser auf unseren wunderschönen Planet aufpassen in dem wir weniger Fleisch und Meeresprodukte essen und alle etwas mehr Eigenverantwortung empfinden. Weniger Müll produzieren, mal zu Fuß gehen oder das Fahrrad nehmen und einfach nur die Schönheit der Natur in ihrer Gänze genießen. Wir müssen anfangen, nicht die Augen zu verschließen, sondern sie zu öffnen. Alles, was wir machen, macht einen Unterschied und wir tragen die Verantwortung, welchen Unterschied wir kreieren wollen. Manchmal fängt es ganz klein an, mit einem Lächeln für sich selbst. Versucht es einfach mal. Schenkt euch selbst ein Lächeln! Unsere 2. Expedition am heutigen Tag geht zum Hannah Point. Wir sind das erste Mal mit unserer Gruppe allein in einem Zodiac, keine ältere Person, keine Ete-petete-Leute mit im Boot. Russell unser Fahrer meint: “Es scheint, als könntet ihr Spaß vertragen.” Ich rufe natürlich laut “Ja!” Keiner beschwert sich und so erhöhen wir unsere Geschwindigkeit. Völlig unerwartet, machen wir eine Drehung, Donut genannt. John rutscht vom Sitz in das Boot. Ich komme aus dem Lachen nicht mehr raus. Er hat sich nichts getan und so zeichnen wir noch einige Donuts ins Meer bin wir angekommen sind. Das war die beste Zodiac-Tour, die wir je hatten und unser Adrenalin-Spiegel ist ganz weit oben. Beim Landgang können wir Seeelefanten beim Kuscheln beobachten. Leider mussten wir alle vorzeitig zum Schiff zurückkehren, da die Windverhältnisse schlechter wurden. Die Rückfahrt wurde zu einer einzigen Dusche. Ich sitze ganz vorn und kann es nur genießen, die Antarktis auch mal etwas rauer erleben zu dürfen, die Wellen füllen langsam unseren Zodiac mit Wasser auf. Eine andere Welle klatscht mir direkt ins Gesicht und ich kann nicht aufhören zu Lächeln, selbst wenn meine Finger fast abfallen, aber das bemerke ich kaum, dadurch, dass ich das Abenteuer so genieße. Ich schaue in die Runde und irgendwie sehe ich in den 7 weiteren Gesichtern nur 1 lächelndes. Ich versuche die Energie auf die anderen zu übertragen. Wir sind bald im warmen. Das ist unsere letzte Antarktiserfahrung. Wir sind eh schon klitschnass, aber auf uns warten heiße Schoki, Whirlpool und Sauna, da muss man sich doch keine Sorgen machen. Und es funktioniert. Ich habe die anderen angesteckt. Der weitere Abend mit Musik und Tanzen war super, um die gesammelten Eindrücke und gemeinsamen Erlebnisse, die wir vermutlich nie wieder in unserem Leben haben werden, gemeinsam zu verarbeiten und zu genießen. Uns wird langsam klar, dass das hier, das normale Leben ist und außerhalb der Antarktis ein völlig seltsames Leben von statten geht. Wir lieben es, kein Internet, sondern Zeit für einander zu haben. Wir haben uns dadurch in so extrem kurzer Zeit, extrem gut kennen gelernt, da wir uns die ganze Zeit unterhalten. Nichts anderes ist wichtiger, als das hier und jetzt.
