
Heute wollte ich nicht ein wenig mehr wie ein Kind sein, sondern etwas mehr wie ein Stein. Wieso, dazu später mehr. Ich bin extra früh aufgestanden, um nach einem super leckeren Frühstück und bevor es auf das Schiff geht, noch auf einen Berg zu können. Mein Ziel war der, in der Nähe des Hotels befindliche, Glaciar Martial. Es handelte sich tatsächlich um einen gut markierten Wanderweg, aber die Windverhältnisse hatte ich vorher nicht gecheckt. Unten war alles noch okay. Ich sah, dass es 2 Wege nach oben gab, links der schmale, sehr steile und rechts der etwas breitere und weniger steile Weg. Ich entschied mich für links. Ein paar Höhenmeter später setze eine ordentliche Böe ein, die aber auch schnell wieder weg war. Um so höher ich kam, um so heftiger wurde der Wind, immer nur circa 10 Sekunden, dafür aber so stark, dass ich auf dem Schotter stehend weggeschoben wurde. Kein Spaß auf dem schmalen Grat, der zu beiden Seiten steil abfiel. Bei der 2. Böe entschied ich mich auf den Boden zu legen, super Entscheidung, aber eigentlich hatte ich keine andere Wahl. Nach 10 Sekunden war alles wieder gut und ich konnte wieder 20 Meter weiter gehen. Und schon wieder extremer Wind. Normalerweise wäre ich spätestens jetzt abgestiegen, der Weg war nur viel zu steil und nass, um bei diesen Windverhältnissen heile unten anzukommen, also muss ich es nur noch ein paar mal schaffen und dann wäre ich schon auf dem sichereren rechten Weg. Wind, flach hinlegen, kein Wind, so fix wie möglich ein paar Höhenmeter machen. Und dann ist es gottseidank soweit. Sowie ich auf dem etwas breiterem Weg bin, kann ich darüber lachen, vorher hatte ich wirklich mal Angst. Der Wind ist hier zwar immer noch genauso heftig, aber hier ist einfach mehr Platz, um mal einen Fehltritte zu machen. Bei jeder Böe hocke ich mich hin und warte ab. Ich beobachte die Natur. Ein paar Pflanzen haben gerade so noch Halt. Die Steine bewegen sich keinen Millimeter. Ich hocke immer noch und sage laut vor mich hin: “Ich bin ein Stein!”. Sowie ich es ausgesprochen habe, muss ich anfangen laut los zu lachen. Das war definitiv Typ 2 Spaß bis hierhin. Für alle, die nicht wissen, was das ist: Typ 1 ist, wenn man tatsächlich Spaß hat, Typ 2, wenn man sich in dem Moment denkt, was zur Hölle, wieso tue ich das, aber im Nachhinein war es spaßig. Jeder erfahrene Wanderer, Radfahrer oder wer auch immer, der ab und zu mit seinen Grenzen kämpf und austestet, wie weit man gehen kann, kennt diese Arten von Spaß. Ab jetzt also wieder Typ 1 Spaß. Ich pfeife ein paar Lieder und genieße die Kraft der Natur. Die ersten Wanderer kommen mir entgegen und heute warne ich sie tatsächlich alle vor. Bitte nehmt auf keinen Fall den linken Weg. Ich habe wirklich Angst, dass heute irgendjemand dort verunglückt. Ich nehme mir die Zeit allen auf Englisch oder Spanisch zu erklären, wieso. Unglaublich, ich war ganz allein dort oben und jetzt kommen mir Massen unerfahrener und nicht gut ausgestatteter Wanderer entgegen. Sie sind hoffentlich ängstlich genug und drehen bald wieder um. Zurück im Hotel bemerke ich erst, wie durchgefroren ich bin und trockne meine Sachen am Feuer in der Lobby. Sicher ein seltsames Bild für die anderen, mir ist es egal, mir ist einfach nur kalt. Ich bin gespannt, ob es alle rechtzeitig auf das Schiff schaffen. Bisher hat es wohl nur eine Person im letzten Jahr nicht geschafft, da sie ins Gefängnis musste. Ab da habe ich nicht weiter nachgefragt. Jetzt also noch etwas die Füße wärmen, hoffen, dass die Zeit schnell umgeht und ab aufs Schiff. Dort werde ich vermutlich keinen Empfang haben. Ich werde trotzdem jeden Tag einen Beitrag schreiben und sowie ich wieder Netz habe, alles uploaden. Bis dahin! Bleibt mindestens genauso gespannt, wie ich!