Entzweit

Auch wenn die Fahrt im heutigen Nachtbus eine der holprigsten auf meiner Reise waren, so habe ich doch am besten schlafen können. Mit etwa einer Stunde Verspätung kommen wir gegen 8 Uhr morgens an. Da ich nicht auf dem Plan hatte mit meinem Gepäck noch weit zu laufen, ist es dementsprechend schwer und unhandlich. Nur Avi weiß, wo es hingeht, also versuche ich Schritt zu halten. Er sieht es aber auch nicht ein, mir beim Tragen zu helfen. Ich komme ordentlich ins schwitzen, bis wir bei Avis Couchsurfers ankommen. Wie auch Avi, ist Yogi aus Indien. Zur Begrüßung servieren uns seine Hausdamen Chai, Früchte und frische Aloo Paratha (gesprochen Aluprata), was eine Art gewürztes und gefülltes Fladenbrot ist. Während sich die beiden auf Hindi unterhalten, kann sich mein Körper etwas herunterfahren. Ab und zu bringen sie mir etwas von ihrer Kultur bei und ich bekomme doch noch eine Idee von einer etwaigen Reise durch Asien. Als seine Arbeitskollege zu Besuch kommen, lassen wir unsere Sachen in der Wohnung und machen uns auf eine kurze Entdeckungstour. Auf dem Plan steht eine Kirche und der Fischmarkt. Die Kirche ist recht uninteressant aber der Weg entlang der breiten Bucht, die sich mit dem Wasser des Indischen Ozeans füllt, lässt viel erhoffen. Einmal am Fischmarkt angekommen, wollen uns direkt ein paar Leute herumführen. Der eine möchte natürlich dass wir am stand seines Freundes was kaufen, der andere hofft auf ein Trinkgeld. Da ich am Nachmittag in den Flieger steigen werde, habe ich keinen einzigen Penny mehr in der Tasche. Wir werden trotzdem herum geführt und bekommen super viele Informationen.Dies ist der authentischste Fischmarkt, den ich je gesehen habe. Wir laufen in einer Suppe, die 2cm hoch am Boden steht. Meerwasser, Frischwasser, Fischabfälle, alles gemixt. Nachdem die Fische hier ankommen, werden sie sortiert, entschuppt, verkauft oder auch zubereitet. Um einen Tisch sitzen ein paar Männer und sind von Kopf bis Fuß in die Schuppen gekleidet, die sie von den Fischen eifrig abreiben. Hier schieße ich mein Foto des Tages. Im dreckigen Meer versuchen sich viele abzurutschen. So stellt man es sich auch im Ganges vor. Da es schon Mittagszeit ist, ruhen sich viele Fischer auf den Holzgestellen auf denen auch die Ware angeboten wir auf und halten ein Mittagsschläfchen. An einer anderen Stelle herrscht großes Treiben. Ich begreife nicht direkt, was hier geschieht. Alle sitzen oder stehen um einen riesigen Tisch. Jeder einzelne guckt grimmig. Es sind nun fast ausschließlich Frauen hier. Ein Eimer mit Fischen wird auf dem Tisch ausgeschüttet und das Gerede beziehungsweise Gestreite geht los. Am Ende übergibt eine Frau Geld und bekommt die Fische in ihre Tasche geladen. Für die nächste Mahlzeit ist also gesorgt. Uns wird erklärt, dass das eine Auktion ist, von den Fischen, die billig, klein oder schlechte Qualität haben. Da man uns hier sichtlich nicht haben möchte, gehe ich weg bevor die Situation eskaliert. Mzungus und Fotos sind hier klar nicht willkommen. Wir gehen also auf die andere Seite des Marktes, hier wir alles angeboten, was nicht frisch ist. Verschiedene Muscheln, getrocknete Seesterne, getrocknete Fischmägen, getrocknete Haifischflossen, Korallen, Steine, das Angebot ist riesig aber sicher nicht ganz Tierlieb und umweltkonform. Wir bedanken uns trotzdem für die Präsentation und machen uns wieder auf den Rückweg. Ich verabschiede mich auf halber Strecke von Avi, kurz und schmerzlos. Bei Yogi angekommen, will ich meine Sachen schnappen, als er mir Bescheid gibt, dass er auch zum Flughafen muss. Ich kann also noch 10 Minuten warten und dann bringt uns sein Fahrer gemeinsam dorthin. Yogi hat so viele Angestellte, da er seit 5 Jahren hier arbeitet und ist Manager einer Firma ist, die Gold abbaut. Am Flughafen bedanke ich mich Recht herzlich und dann gehen wir getrennte Wege. Das allererste mal in meiner Reise wird mein Handgepäck gewogen, ich habe 6 kg zu viel. Ich soll es einchecken. Damit habe ich nicht geplant. Ich werde eine Nacht Aufenthalt haben, also muss ich alles umpacken. Ich soll 350 USD dafür zahlen. Mir fällt alles aus dem Gesicht. Ein kleiner Rucksack, der 11 kg wiegt. Nach etwas Hin und her bekomme ich von der Dame einen Rabatt von 200 USD, wieso auch immer. Vielleicht merkt sie mir es an, wie gedrückt ich darüber bin. Gedämpft kann es dann endlich zum Gate gehen. Ich bin traurig. Im Flieger kommen sie dann, die Tränen, Tränen des Abschieds, Tränen des Wiedersehens. Es sind schwere Tränen. Ich bin ganz ruhig, sie rinnen mir einfach das Gesicht hinunter, ich kann nichts dagegen machen. Ein Lebensabschnitt geht zu Ende, doch ein neuer beginnt…

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