
5:30 Uhr klingelt der Wecker. Auch wenn ich nur 4 Stunden Schlaf hatte, bin ich hell wach und teile das direkt mit den anderen lautstark. “Habt ihr die Wildhunde in der Nacht gehört?”, “Es ist gar nicht kalt draußen!”, “Der Mond ist so hell!”. Die anderen brauchen etwas länger aber wir sind alle recht aufgeregt und es geht schon eine halbe Stunde später ins Auto. Rechts sehen wir den blutroten Mond während sich links die Sonne ankündigt. In einer Autoschlange warten bis die Tore in den Nationalpark Namib Naukluft geöffnet werden. Hier gibt es nicht viel, nur viel Sand und jeder will es sehen, die älteste Wüste der Welt. Eine der Hauptaktivitäten ist es auf den riesigen Dünen wandern zu gehen. Natürlich darf man nicht auf allen herumspazieren, wie man will, aber auf der höchsten darf man es. Wir wechseln von unserem Bus in eine Allrad-Fahrzeug einer anderen Truppe, um dorthin zu gelangen. Ich bin schon jetzt völlig beeindruckt. Sowie wir den Park befahren haben, eröffnete sich ein Bild von roten Dünen links und rechts des Weges. An manchen Stellen ist der Sand dunkelblau-schwarz gefärbt, wo das Eisen im Sand oxidiert ist. Das Auto wird geparkt und wir machen uns auf die Socken. Und wahrhaftig habe ich meine Schuhe schon nach kurzer Zeit ausgezogen. Der Aufstieg ist dadurch zwar etwas anstrengender, aber es ist schön den warmen Sand zu spüren. Wir wollen die höchste Düne namens “Big Daddy” besteigen. 350 Höhenmeter liegen vor uns. Extrem weicher Sand und keine Wolke am Himmel. Christina landet schon nach wenigen Metern auf allen Vieren und versucht ihr Glück so. Ich gebe allen den Tipp in die Fußstapfen der Vordermanns zu treten, was ihnen das Leben deutlich einfacher macht. Wir machen 2 Pausen auf dem Weg nach oben. Es ist unglaublich wie viel Energie es einem raubt, im Sand aufzusteigen. Aber jeder Meter nach oben lohnt sich. Die Aussicht wird immer weiter und weit und breit sieht man nur rote Sanddünen. Oben angekommen, wird das ganze Ausmaß sichtbar und nicht mal das. Wer weiß, wie weit die Dünen noch reichen. Aber das ist einfach unglaublich hier. Das Gehirn kann die Schönheit nicht begreifen. Das ist total surreal. Es gibt eine lange Pause bis der angekündigte Wind von heute morgen einsetzt und uns der Sand um die Ohren geblasen wird. Das ist der Moment in dem wir beschließen abzusteigen. Jetzt kommt der beste Teil der gesamten Wanderung. Die anderen sind ängstlich,aber ich zeige ihnen, wie sicher es ist. Im 70° Winkel geht es die 350m wieder nach unten. Ich renne ein Stück, schmeiße mich in den Sand und beobachte von etwas weiter unten, wie sich die anderen langsam herantasten. Marie ist auch sofort dabei und macht exakt das, was ich gemacht habe. Sie setzt sich auf den Sand und versucht zu rutschen. Wenn sich der Sand an der Oberfläche bewegt, spüre ich die Vibration und man kann es sogar Recht laut hören. Unfassbar cool. Wir machen Musik indem wir eine Sanddüne heruntergehen. Der Weg nach unten ist senkrecht aber länger als gedacht. Mit Marie rollen wir herunter, mit Oscar gibt’s ein Wettrennen und Allie versucht ihr Glück und hat den Mund voller Sand. Am Ende haben wir alle überall Sand. Unten angekommen, bietet sich diesmal ein ganz anderes Bild. Wir sind im Deadvlei, im toten Tal. Hier ist vor 1000 Jahren das Wasser verschwunden und die Bäume wurden von der Sonne und Hitze getrocknet und konserviert. Noch immer barfuß laufen wir über den ausgetrockneten gerissenen Boden, die Füße färben sich weiß. Kein einziger Stein piekst die Füße. Es war schon vorher eine unbegreifliche Kulisse, aber jetzt? 1000 Jahre alte vertrocknete Bäume, die immer fest im Boden verwurzelt sind. Der Wind bläst, wirbelt den weißen Staub auf und vernebelt die Sicht. Das ist mein Augenblick für das Foto des Tages. Nachdem wir das Tal durchquert haben, fällt bei allen das Energielevel. Wir brauchen Schatten, Wasser und vor allem Essen. Nach 4 Stunden kommen wir völlig geschafft am Auto an. Allein im Schatten zu sitzen verbessert unseren Zustand deutlich. Gottseidank fahren wir direkt zum Essen. Noch immer komplett mit Sand bedeckt, muss ich wenigstens erstmal den Sand aus meinem Gesicht, meinen Augen, meinen Armen und Dekolte waschen. Ein Schluck von meinem Aloe Vera Drink und ich fühle mich wieder wie ein Mensch. Jetzt muss nur noch der Zuckerspiegel erhöht werden und mir geht’s wieder gut. Der Burger der Sesriem Campsite hat uns alle wieder zum Leben erweckt. Danach könnte es noch in den Sesriem-Canyon gehen. Wir spazieren etwas herum, spielen ein Wurfspiel, ich loche einem meiner Steine ein und gewinne das Spiel. Am Ende suchen wir Marie und da ich um ihre schlechte Orientierung weiß, will ich den Canyon nicht ohne sie verlassen. Als sie wieder auftaucht, fallen wir alle ins Auto und es geht wieder zurück zum Campingplatz. Was für ein Tag. Mit dem Sonnenuntergang haben wir den Park verlassen. Wir waren hier von Sonnenauf- bis -untergang. Die älteste Wüste der Welt hat ihre Spuren hinterlassen oder anders gesagt, mit der Ankunft am Campingplatz gehen wir alle direkt duschen, um den ganzen Sand loszuwerden. Wir hatten so viel Spaß heute. Und wieder bin ich um einen Glückstag reicher. Was für ein Privileg, all diese wunderbaren Orte zu besuchen und dann gibt es Deutsche oder Franzosen, die sich die ganze Zeit beschweren, dass der Sand juckt oder es zu sonnig ist. Was für schwere Probleme. Menschen vergessen manchmal wie priviligiert sie sind einen so schönen Ort besichtigen zu dürfen. Teil des Ganzen zu werden und diese Erinnerungen für immer in sich zu haben. Nachdem wir alle frisch waren, setzten wir uns wieder gemeinsam ums Lagefeuer und erzählten uns wahre Gruselgeschichten aus unserem Leben, bis wir alle völlig geschafft ins Bett fielen. So geschafft, dass ich nicht mehr fähig war, mein Tagebuch zu schreiben.