
Tag des großen Abschieds. Dementsprechend regnete es heute morgen ordentlich und wir hatten absolut keine Lust aus den Betten zu kullern. Irgendwann rafften wir uns auf und das Wetter schien gütig mit uns zu sein. Während wir uns vom der gesamten Tenikwa-Familie verabschiedeten, kam die Sonne heraus. Unsere Sachen hatten wir schon gepackt. Mit jedem, den wir finden konnten, wurde ein Abschiedsfoto gemacht, auch wenn wir uns ein Gruppenfoto gewünscht hätten, aber heute waren alle überall verteilt und einige gar nicht da. Weil ich mich so sehr aufgenommen und willkommen gefühlt habe, wird es mal wieder einen Eintrag in die “Hall of Fame” geben. Dieser folgt aber etwas später und wird dann natürlich wieder hier verlinkt. Um den Herzschmerz unten zu halten, habe ich beschlossen, nicht noch einmal zu den Tieren zu gehen. Die Löwen spürten allerdings, dass etwas anders war, da sie sich anders als sonst verhielten und uns nicht aus den Augen ließen. Und dann waren wir doch wieder unterwegs. Zu Fuß auf völlig durchgeweichten Straßen, durch den Regen der letzten 2 Tage. James sammelte uns nach 20 Minuten zu Fuß gottseidank ein und nahm uns mit an die N2 und setzte uns an der Tankstelle ab. Ich fragte das erste Auto, was gleich ein Treffer war. Gemeinsam mit 200 kg Orangen sollen wir auf der Ladefläche Platz nehmen. Wir fahren über einige Brücken und Ed wird immer nervöser. Seit Anfang an, wusste ich, dass ich eine Sache machen wollte. Sonst habe ich absolut keinen Plan, was es so zu machen gibt, aber die Aktivität, die heute auf dem Plan stand, war von Anfang an auf der To-do-Liste. Seit einem Monat auf unserer gemeinsamen Reise versuche ich Ed zu überreden oder besser gesagt, ich rede die gesamte Zeit davon, dass wir es machen werden, wobei er dauerhaft negiert, dass er es machen wird. Wir waren heute also nicht mal da und er hyperventilierte schon. Und dann fuhren wir über die Bloukrans Brücke. Die mit 216 m zweithöchste Brücke der Welt und höchste Brücke Afrikas. Mit einem Klopfen signalisierte ich, dass wir hier raus wollen und unsere Mitfahrgelegenheit hielt an und wir verabschiedeten uns. Jetzt wurde es ernst. Ed wurde immer blasser und ich immer aufgedrehter. Nach dem bezahlen wurden wir gewogen und bekamen direkt unsere Ganzkörper-Gurte angelegt. Dank Nebensaison waren wir direkt an der Reihe. Zusammen mit ein paar Jungs aus Saudi-Arabien ging es los. Ein paar Sicherheitsunterweisungen, und dann brachte uns die Zipline in die Mitte der Brücke. Hier wurden wir eingeteilt. Ich durfte die 2. der Gruppe sein. Wir befinden uns unterhalb der Brücke. Über uns fahren die Autos. Hier unten beziehungsweise oben, je nachdem wie man es sehen will ist eine riesige Eventfläche entstanden. Musik wird laut angeschmissen, was meine überdrehte Art nicht gerade aus bremst. Ed ließt sich ein Zitat über Angst durch, um sich zu beruhigen. Der erste springt lautlos und schon bin ich an der Reihe. Ich werde an Waden und Torso eingehakt. Nun geht es an die Kante. Die Aussicht ist spektakulär. Auf dem Foto des Tages, habe ich diese festgehalten. Ich soll aber noch weiter nach vorn. Da meine Beine zusammengebunden sind, hopse ich an die Kante und jetzt wird mir anders. Meine Zehenspitzen schweben bereits in 216 m höhe. Mein Bauch kribbelt und ich kann mir ein “Verdammt, oh mein Gott” nicht verkneifen. Bevor ich Angst bekommen kann, zählen die beiden Männer links und rechts neben mir super schnell “5-4-3-2-1” herunter und bevor ich einhalten kann, springe ich. Auch wenn ich mir vorgenommen habe, heute bei meinem dritten Bungee-Jump im Leben mit einem Freudenschrei herunter zu springen, kam doch wieder ein Schrei aus mir heraus, der sich eher anhörte, als würde man mich erstechen. Nach 3 Sekunden im freien Fall realisierte der Kopf, dass ich es genießen kann und ich hatte noch 2 Sekunden länger in Ruhe. Danach kam der Rückschwung und ich flog nochmal durch die Gegend. Was für eine Kulisse. Mein Kopf ist zwar fast am explodieren, aber jetzt kommen die Freudenschreie. Ich singe die Schlucht entlang und das Echo singt im Kanon mit mir. Ich bin überglücklich und werde etwas aus meinem Moment gerissen, als jemand von oben kommt und mich in die Waagerechte bringt. Gemeinsam geht es nach oben und nun merke ich das Adrenalin. Die Beine zittern. Die Augen sind feucht. Patricia ist überglücklich. Aber Ed muss noch springen. Er macht einen großen Fehler. Vorn an der Kante bleibt er stehen. Das war der schwierigste Moment für mich. Er sagt mir im Nachhinein, dass er die gesamte Zeit behauptete, er springt nicht. Die Guides versuchten ihn zu überreden. Er sagt weiterhin nein. Die Guides zählen 3-2-1 und stoßen ihn nach unten und Ed fliegt. Wieder oben, hat er keine Farbe mehr im Gesicht aber ist überglücklich. Noch völlig benommen, hat er es mit Höhenangst überstanden. Ich bin extrem stolz auf ihn und wir umarmen uns das erste Mal auf unserer gemeinsamen Reise. Was hier für Emotionen hervorgerufen werden ist schon unglaublich. Sowie wir zurück sind, gibt es ein Video zum anschauen und es fängt wieder an in Strömen zu regnen. Was hatten wir für ein Glück. Die nachfolgenden Gruppen springen quasi in einem Wasserfall. Durch den Regen haben wir aber wenig Ambitionen uns an die Straße zu stellen und den Daumen heraus zu halten. Wir setzen uns in das Café und warten etwas ab aber der Regen hört nicht auf. Ich Frage einfach mal die 2 älteren Damen hier und durch Zufall wollen sie exakt dort hin, wo auch wir hin wollen und nehmen uns mit und bringen uns sogar zu unserem Hostel. Das Adrenalin fällt so langsam ab und wir merken erst jetzt, wie hungrig wir sind. Es geht also schnell einkaufen und an den Herd. Es regnet immer noch uns sowie es dunkel wird, wird es kälter und kälter. Da die Häuser in Südafrika absolut gar nicht isoliert sind, herrschen innen genau die gleichen Temperaturen wie außen, aber gottseidank haben wir einen Kamin in unserem Schlafsaal, sodass wir uns direkt nach dem Abendessen für mehrere Stunden vor den Kamin setzen, mit dem nassen Holz kämpfen und Tee trinken. Ich übe mich mal wieder etwas auf den Bongos und so vergeht die Zeit doch wieder schneller als gedacht.