Tenikwa: Tag 7

Tier des Tages heute ist klar Kalua, unser Karakal. Der meist Gefürchteste bei den Schäfern. Da er ein Spieljunge ist und von Natur aus gern spielt, gern auch mal mit Schafen und diese dann tötet oder er sie einfach nur im Nacken tot beißt. Neben dem Löwen und Leoparden ist er also die gefährlichste Katze in Südafrika. Da die Schäfer ihn aber gern mal erschießen, wenn er die Schafe reißt, ist seine Population stark zurück gegangen. In sein Gehege trauen wir uns auch nur, wenn er nicht drinnen ist. Da Ed und ich die letzten Tage die Fütterungsrunden allein gemacht haben und wir das Gefühl haben, die Tiere gewöhnen sich an uns und genießen unsere Gegenwart, fing Kalua heute an, am Zaun schnurrend auf und ab zu gehen, um sich selbst Streicheleinheiten zu geben. Das war der Moment, wo wir das Gefühl hatten, wir können ihm vertrauen. Er verlangte nach Aufmerksamkeit. Streicheln war nicht möglich. Als wir aber unsere Hand an den Zaun hielten, die noch nach frischen Hühnchen roch, hatte ich erst Angst, er würde zubeißen und unsere Finger wie ein ganzes Hühnchen verspeisen, aber als er anfing sie ganz sanft und zaghaft abzuschlecken, hätte ich dahin schmelzen können. Von jedem als Bösewicht, dem man nicht eine Sekunde trauen kann, verkauft, zeigen wir jedem, dass wir kleine Wildkatzenflüsterer sind. Nachdem die Morgenpräparation und Fütterungsrunde beendet war, durften wir bis zum Nachmittag, zur nächsten Fütterung frei machen. Heute stand auf dem Plan, unsere Arbeitskleidung der vergangenen Woche zu waschen, also könnten wir nicht weg von hier, was aber auch nicht schlimm war. So konnten wieder mal ein paar Telefonate in die Heimat geführt werden und unsere müden Knochen und Muskeln sich etwas ausruhen. Auf dem Weg zur Waschmaschine, um sie auszuräumen, musste ich am Leopardengehege vorbei und auch er schien heute auf Schmusekurs. Es ist ein richtiger Sonntag heute. Er sucht regelrecht nach meiner Aufmerksamkeit. Wir gehen zusammen am Zaun entlang. Gehe ich weiter, geht er weiter, geht er weiter und ich komme nicht mit, dreht er sich nach 2 Metern sehnsüchtig um und fragt, wo ich bleibe. Wir suchen uns ein sonniges Plätzchen am sonst recht frischen Tag, er legt sich ins Gras, ich hocke mich außerhalb an den Zaun und rede mit ihn. Immer wenn ich eine Pause mache, schnurrt er zurück. Das ist das erste Mal, dass ich Laute von ihm höre. Auch der böse Leopard scheint heute friedlich gestimmt. Auch er sehnt sich nach Streicheleinheiten und schrubbt am Zaun auf und ab. Lehnt sich dagegen und lässt sich dadurch erreichen und streicheln. Kein Zucken oder Schnappen nach meiner Hand. Was für ein intimer Moment. Er schnurrt wie ein kleines Kätzchen. Ed kommt, da ich schon viel zu lange weg bin und erschreckt ihn etwas. Ich erzähle ihm davon und natürlich will er ihn nun auch streicheln, aber der Moment scheint vorüber zu sein. Er kommt nicht mehr an den Zaun. Die Wäsche wird aufgehangen und wir verlassen das Gelände, um uns was zu Essen zu holen. Wir wollen eine Abkürzung durchs Grüne nehmen, denn, das Restaurant ist eigentlich nur 400 m Luftlinie entfernt und die Straße wären 3 km. Wir versuchen unser Bestes und kämpfen uns durch alle Sträucher und Bäume, bis es nicht mehr weiter geht. In der Hälfte müssen wir umdrehen und unser Abenteuer für heute aufgeben. Ohne die Gefahr eines Schlangenbisses geht es auf der Straße zum einzigen Restaurant in der Gegend, wo wir uns die Bäuche vollschlagen und danach zurückspurten müssen, um immerhin nach südafrikanischer Pünktlichkeit zur Fütterungszeit zu erscheinen. Heute ist es richtig duster, jeder scheint zu wissen, dass wir das letzte Mal füttern. Ich kann definitiv von mir sagen, dass ich hier niemals arbeiten könnte, weil ich bereits nach einer Woche, alle viel zu sehr ins Herz geschlossen habe. Besonders unseren kleinen Buschbock George, unsere Wildkatze Mister Beans und den Leopard Zwelakhe (Sulaki). Ich werde alle vermissen. Selbst die Marabus haben sich an mich gewöhnt und ich habe sie lieb gewonnen. Selbst die Blaukraniche, die einen immer nur anfauchen. Der Mungo, der immer wild in seinem Gehege umher rennt und mich zum Lachen bringt, wenn er Ed tunnelt, die Erdmännchen, die total handzahm sind, unsere wilden Servals, die alle ganz unterschiedliche Charaktere haben und doch alle liebenswert sind, die Pinguine, die alle hart im Nehmen sind und eisern ums überleben ihrer Art kämpfen, die Löwen, die uns morgens als erste begeüßt haben und in der Nacht nicht haben schlafen lassen, unseren Opi-Geparden, der Dank Bindung zu uns Menschen so lange seinen Bruder überlebt und natürlich Kalua, der gar nicht so ein böser Junge ist, wie alle immer sagen. Alle haben sie eine wundervolle Seele und ich bin ein kleiner Teil davon geworden. Ich habe sehr viel in dieser einen Woche gelernt und bin extrem dankbar dafür.

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