
Der Wecker klingelt, als es noch dunkel und kalt draußen ist. Es entsteht wirklich das Gefühl, als würde ich heute eine neue Arbeitsstelle antreten. Nach dem Frühstück werden wir abgeholt. Als wir in der Pinguinauffangstation ankommen, werden die Sardinien schon abgespült und für die Fütterung vorbereitet. Auch die Vitamine für die kleinen Rabauken liegt schon bereit. Sie stehen schon vor der Tür, die den Fütterungsplatz vom Gehege trennt. Wir arbeiten heute mit Marvin. Ed fängt mit dem ersten Pinguin an, er muss ihn auf dem Tisch über den Flügeln festhalten, während Marvin den Kopf sanft, aber gewusst wie, greift, den Schnabel öffnet und eine ganze Sardinien im Schlund des Pinguin verschwindet. Dann bin ich dran. Mein Pinguin ist ein kleiner Rebell, er wehrt sich mit all seiner Kraft. Ich habe mühe, ihn festzuhalten und trotzdem nicht weh zu tun. Seine Flügel knacken unter meinen Händen hin und her, weil er weg will. Ich erschrecke, aber es ist wohl okay, wird mir versichert. Jetzt muss ich es nur noch schaffen, meine Hände unter die Flügel zu manövrieren, ohne dass mir der Pinguin abhaut oder mich gar beißt, was wohl sehr unangenehm sein soll, da sie wohl die gesamte Haut abziehen. Aber ich schaffe es und schon fliegt der erste Pinguin mit meiner Hilfe zurück in sein Gehege. Wir wechseln so ein paar Mal hin und her. Jeder Pinguin hat einen anderen Charakter. Was er essen will, darf er essen. Es gibt keine Obergrenze. Jeder Pinguin hat einen Charakter, das merke ich schon jetzt. Mein heutiger Favorit war der letzte, der gerade erst seine Erwachsenenfedern bekommen hat und deshalb extrem seidig-flauschig war. Zudem war er auch noch extrem entspannt und ich konnte ihn während des Festhaltens streicheln. Nachdem das füttern erledigt war, geht es wieder schwimmen, um das Fischöl abzuwaschen, damit die Pinguine wasserdicht bleiben. Einige sind zu faul und wollen immer wieder aus dem Pool. Wir müssen sie also ab und zu wieder in den Pool schubsen. Noch ein bisschen länger und dann reicht es aus. Danach stellen sie sich in den Wind, um sich zu trocknen und da, wo sie nass und kalt geworden sind, tragen sie aus einer Drüsen, die an ihrem Schwanz sitzt ein Sekret auf, welches sie wieder wasserdicht macht. Es sieht aus, als würden sie sich mit ihrem Schnabel putzen, aber eigentlich machen sie sich wasserdicht. Nach dem Füttern wurden wir herumgeführt. Hier wird gewogen, dort wird in den Venen vom Fuß Blut abgenommen und hier kann es direkt unterm Mikroskop angeschaut werden. Am faszinierendsten fand ich natürlich das Narkosegerät und das Röntgen. Marvin fragt mich über Röntgenstrahlung aus und ich bin froh ihm seine Angst nehmen zu können. Wir quatschen ein wenig, lernen sehr viel und machen pläne für die nächsten Tage, bis wir um 11 für 4 Stunden bis zur nächsten Fütterung entlassen werden. Denn wir hatten für heute schon eine andere Aktivität gebucht, es ging in einen Käfig mit Haien tauchen. Erst gab es noch ein zweites Frühstück mit den ganzen Touristen, die mit dem Kleinbus aus Kapstadt ankamen, was uns auch sehr gelegen kam. Danach wurden Tauchanzüge verteilt, es gab eine kurze Unterweisung und dann ging es auch schon los. Zu Fuß in Taucherschuhen ging es die paar Schritte herunter zum “Hafen”. Das Boot, noch an Land, da es keinen wirklichen Hafen hier gibt, wartete schon auf uns, hang schon am Traktor, der uns noch dem Einsteigen ins Wasser ließ. Wir düsten los und es dauerte nicht lange, da flog der erste subantarktische Skua mit uns, der nur im Winter hier in Afrika ist. Ich gab ihm gedanklich schöne Grüße an alle anderen in der Antarktis mit und es wurden mehr und mehr Seevögel. Dann begann das große Fressen. Einer der Crew warf Lachsstücken in die Luft. Die Vögel wussten, was auf sie wartete. Es war beeindruckend einen Vogel während eines Fluges die ganze Zeit aus einem Meter beobachten zu können. Ich war eigentlich schon befriedigt aber es sollte weitergehen. Wir ankerten und der Käfig wurde ins Wasser gelassen. Noch eine weitere Sicherheitseinweisung und dann konnte es losgehen. Wir waren in 2 Gruppen eingeteilt. Obwohl ich eigentlich sagen müsste, die anderen waren in 2 Gruppen eingeteilt, da Ed und ich außen vor gelassen wurden. Ja wir hatten deutlich weniger gezahlt als die anderen, aber ich wollte trotzdem tauchen. Na wir warteten erstmal ab. Eigentlich war ich ganz froh, noch nicht ins kalte Wasser zu müssen. Gruppe eins wurde ausgerufen und alle 6 gingen nach und nach in den Käfig und hielten sich von innen an einer Stange mit Händen und Füßen fest. Ich schaute mir alles vom oberen Deck an. Von hier hätte ich perfekte Sicht und das Wasser spiegelte aus dieser Perspektive nicht durch die Sonne. Außerdem war die Meeresbiologin direkt unter mir. Sie war zwar damit beschäftigt zu Filmen, aber sie hätte nicht sagen dürfen, dass wir ihr gern alle Fragen stellen können, die wir haben. Großer Fehler. Naja, am Ende habe ich für alle anderen mitgefragt und war auch wirklich die einzige, die mit ihr gesprochen hat. Während die Männer Fischblut und -fett inklusive Fischstücken vor den Käfig warfen, wurden nicht nur Seevögel, kleine Fische und Haie angelockt, sondern auch ein riesiger Stachelrochen und ein Seelöwe. Der Rochen war von allen am majästetischten, der Seelöwe am verspieltesten, die Möwen am lautesten und die Haie am ruhigsten. Mit Lachs an einem Seil angebunden wurden die einzelnen Haie näher zum Käfig gelockt. Die Sicht von oben war spektakulär. Ich schoss mein heutiges Foto des Tages. Der ausgewachsene, 3 Meter lange Kupferhai bildet einen perfekten Kontrast mit dem türkisfarbenen Meer von heute. Weiße Haie gibt es hier leider nicht mehr. Sie wurden von den Orcas vertrieben, die sie neu auf ihre Speisekarte gesetzt haben. Orcas essen neuerdings Haie. Das stimmt nicht ganz. 2 Orcas jagen einen Hai, packen ihn an je einer Seitenflosse, schwimmen in eingesetzte Richtungen und reißen ihn somit grausam auseinander. Essen tun sie nur die fettige, nahrhafte Leber. Den Rest lassen sie liegen. Ich mochte schon vorher keine Orcas, aber heute noch weniger. Orcas sind die wahren Haie. Orcas sind Tiere, vor denen jeder Angst haben sollte. Aber Film und Fernsehen vermittelt ein völlig anderes Bild. Gruppe 2 wurde gerufen und wieder war der Käfig voll. Diesmal setzte ich mich unten neben den Käfig auf die Bootskante. Anderer Platz, andere Perspektive. Irgendwann sollten 2 freiwillige aus dem Käfig und sogar 4 Leute gingen heraus, so kalt war das Wasser. Es war also Zeit für Ed und mich. Ich war erst enttäuscht, weil ich dachte, wir würden nun viel weniger Zeit im Käfig haben, aber ich sollte eines besseren belehrt werden. Vom tauchen bin ich gewohnt mit Bleigewichten zu tauchen, heute machte der Tauchanzug eine Boje aus mir, was es mir schwer machte, mich unter Wasser zu halten. Eine Maske gab es, aber einen Schnorchel nicht. Danke an das Adrenalin, was es mir möglich machte, meine Lift so lange über eine so lange Zeit anzuhalten. Heute habe ich definitiv ein paar Gehirnzellen einbüßen müssen. Dafür habe ich sie aber durch tolle Erfahrungen ausgetauscht. Sollte ich diese vergessen, könnte ich ja jederzeit nachlesen. Ich hatte das Gefühl, dass jeder Hai nun in unsere Richtung gelockt wurde, weil der Mann oben an Bord ein schlechtes Gewissen hatte. Er wusste aber auch, dass wir die interessiertesten waren. “Down, down, down” – “Runter, runter, runter” hieß es, wenn wir nicht unter Wasser waren und ein Hai kam. Ich war aber eigentlich die ganze Zeit unter Wasser. Im Nachhinein kann ich mich wirklich nicht dran erinnern viel an der Wasseroberfläche gewesen zu sein, wie die anderen. Die kleinen Fische müsste man versuchen aus seinem Sichtfeld herauszufiltern und dann konnte man sich super auf die Haie konzentrieren. Es war die gesamte Zeit mindestens einer da, also musste ich die gesamte Zeit unter Wasser sein. Und dann kam einer schnurstraks auf mich Zugeschwimmen. Im Käfig gleite ich etwas nach hinten, da ich den Käfig völlig ausgeblendet hatte und der Hai stößt sich seine Nase an und ich realisiere, dass ich im Käfig bin und anfangen zu lachen. Die Gruppen wechseln wieder, wir dürfen drinnen bleiben. Nun rutsche ich nach ganz links durch und habe somit ein breiteres Sichtfeld. Die Haie schwimmen so nahe an uns vorbei, dass ich versucht bin, durch die 20x30cm großen Öffnungen zu fassen. Ich mache es, tauche auf, Ed schaut mich an, ich erzähle ihm voller Begeisterung, dass ich den Hai gerade anfassen konnte und er will es nun natürlich auch. Er schafft es und ich völlig aus dem Häuschen. Wir versuchen es noch ein paar Mal aber werden verständlicher Weise irgendwann ermahnt. Ich realisiere aber auch irgendwas, dadurch, dass man sich nur auf jeweils einen Hai konzentriert hat, das total viele Haie hier sind, die auch schnell mal zu schnappen können. Scherzhaft sagen wir, dass wir gern eine Narbe eines Hais davon tragen würden. Eine ganze Hand will ich jedoch nicht verlieren. Wieder wechseln die Gruppen und wieder bleiben wir im Käfig. Langsam tut die Lunge weh. Aber ich kann nicht aufhören, unter Wasser zu sein. Die Blase sagt was anderes, die Körpertemperatur auch aber das Adrenalin regelt heute für mich alles. Und dann schwimmt ein Hai vorbei, der eine stark verwundete Schwanzflosse hat. Wieder tauchen Ed und ich gleichzeitig auf und schauen uns mit großen Augen an: Hast du das gesehen? Am Ende bekommen wir noch eine kleine Show geliefert. Die Haie bekommen ihre Belohnung. Sie kämpfen um den festgebundenen Fisch. Er wird mit heftigen Bewegungen abgerissen, das Wasser färbt sich weiß und der Hai verabschiedet sich mit einem kräftigen Flossenschlag, der das Wasser abermals weiß färbt. Als die sich aufklärt, ist er weg. Aus dem Käfig herausgeklettert, beginnt mein körper direkt an zu zittern. Wir waren definitiv 1 Stunde im Wasser. Die Biologin erzählt mir noch, wo die vielen Wunden auf den Haie her stammen. Haben sie eine runde Form, sind sie von Schiffsrotoren. Sind sie gerade, sind es Bissspuren und es sind höchstwahrscheinlich Weibchens, da die Männchen während der Paarung beißen. Wow. Heute habe ich wieder so viel gelernt. Alles kann ich leider nicht aufschreiben. Der heutige Artikel ist auch so schön viel zu lang. Es geht nur noch zurück und gottseidank gibt es heiße Duschen. Danach noch eine heiße Dusche und pünktlich 15 Uhr zur 2. Fütterung werden wir zu unseren Pinguinen zurück gebracht.