Versandfertig!

Zum Glück hatte Patricia heute ihre Passkopie dabei. Wobei ich nicht von mir rede, nein, ich rede von der Patricia, die mich heute mehr oder weniger gerettet hat. Aber fangen wir mal ganz von vorne an. Da wir heute Argentinien verlassen wollten, stand noch etwas auf dem Plan, denn es galt ein Geburtstagspaket innerhalb Argentiniens zu verschicken. Nachdem ich alles beisammen hatte war es bereits nach 12 und die Post “Correos argentinos” hatte schon geschlossen. Die erste Hürde war also ein anderes Versandunternehmen zu finden. Diese war schnell gelöst,da mir Martin, mein Host verriet, wie das andere hieß: “Via Cargo” und die hatten gottseidank durchgängig bis 18 Uhr geöffnet. Kleiner Spoiler, die Zeit bräuchte ich auch fast. Zweite Hürde war, eine Kopie meines Reisepasses zu bekommen. Nachmittag bedeutet in Argentinien ja meist Siestazeit, also haben fast alle Geschäfte geschlossen. Ich machte also einen kleinen Stadtrundgang vom Busbahnhof, zur Bücherei, zu einem anderen Laden, aber keiner hatte geöffnet, ich bekam immer einen neuen Tipp von einer Person im Laden daneben und am Ende war es ein Kunde aus einem Handyhüllengeschäft, der mir verriet, dass die Shell-Tankstelle Kopien macht. Und die hatte definitiv geöffnet. Also ging es dahin und ich bekam meine Kopie. Jetzt traute ich mich zur Packstation von Via Cargo, die etwas außerhalb der Stadt lag. Als Deutsche hat man ja so seine Vorstellungen, wie Dinge in einem Land versandt werden. Andere Länder bedeuten auch immer andere Sitten und man kommt sich vor wie ein völliger Vollidiot. Dort angekommen, muss man sich das Ganze in etwa so vorstellen: Vor dem Geschäft herrscht reges Treiben, alle Läden ihre großen Pakete aus, jeder weiß, wo der Hase lang läuft. Es gibt einen Mitarbeiter, der allein dafür da ist, für jeden die Tür zu öffnen. Er öffnet mir also die Tür und völlig abgeschreckt vom Chaos, gehe ich die 2 Meter, die ich gerade reingelaufen war, wieder rückwärts zurück und Frage den “Türsteher” wie das ganze hier funktioniert. Als Einheimischer denkt man sich natürlich, was für eine blöde Frage und er wusste auch erstmal nicht, was er darauf antworten sollte. Ein anderer Mann nahm sich aber ein Herz, ging mit mir rein und zog erstmal in irgendeiner Ecke eine Nummer. Dann fragte er mich, ob ich die Kopie meiner ID-Karte dabei hätte. Ich ganz stolz, ja, also von meinem Reisepass. Er ging besorgt weg und kam zurück, um mir zu sagen, dass das nicht ginge. Als Ausländer, könne man keine Pakete versenden. Na sowas doofes. Ich durfte jedoch erst nochmal mit dem Chef sprechen, aber auch der Versicherte mir nur nochmal das Gleiche. Enttäuscht fand ich mich vor dem Laden wieder, nach einer Lösung suchend. Und jetzt war es doch der Türsteher, der sich ein Herz fasste und jeden von sich aus ansprach, ob er mir eine Kopie seines Personalausweises leihen würde und ich mein Paket doch noch verschicken könnte. Nach ein paar Absagen wurde ich misstrauisch, doch dann kam sie aus dem Laden, Patricia, und schon an ihrem Lächeln konnte ich ablesen, dass das was wird. Eine kurze Frage, was im Paket sei und ich hatte ihre Kopie in der Hand, die sie aus ihren Rucksack fischte. Ich bedankte mich und ging wieder hinein. Mittlerweile kannte mich jeder Mitarbeiter trotz der Menschenmassen. Ich brauchte auch nicht mit einer Nummer warten, da ich schon so viel Zeit vertrödelt hatte. Ich bekam noch ein kleines Papier, auf die ich die Adresse schreiben sollte und dann müsste ich es noch ordentlich in Klebeband einwickeln. Nächste Hürde, wo bekomme ich jetzt Klebeband her. Der Helfer stand schon bereit, als ich mich umdrehte. Meine 1000 Engel tauchten heute wie aus dem Nichts auf. Er wickelte mein Paket ein, ich bedankte mich und ich war wieder an einem anderen Schalter. Wie kann ich denn bezahlen? Und wieder eine Hürde. Jetzt habe ich es soweit geschafft und kann das Paket nicht verschicken, weil ich keine Möglichkeit habe es zu bezahlen, weil ich keines der Bezahlmittel besitze? Ich darf also wieder mit dem Chef sprechen und er bietet mir an, dass der Empfänger es bezahlen könnte. Ein ungutes Gefühl habe ich dabei schon, dass ein Geburtstagskind selbst für sein Geschenk zahlen muss, aber ich denke in diesem Fall, ist es besser, als kein Geschenk zu bekommen, also stimmte ich zu und durfte wieder an einen Schalter durchgehen. Die beschäftigten Massen um mich herum konnte ich recht gut ausblenden, weshalb ich ab und zu fast in ein paar umherlaufende Pakete herein gerannt wäre. Jetzt konnte ich es also doch verschicken, blieb nur noch eine Hürde, ich bräuchte die ID-Nummer des Empfängers. Hoffentlich bekomme ich die schnell, denn der Laden schließt gleich. Aber im Handumdrehen hatte ich sie und ein riesen Stein viel mir vom Herzen. Mein Paket wurde ins Lager gebracht und ich schoss das heutige Foto des Tages. Ab jetzt hieß es nur noch vertrauen. Völlig durchgeschwitzt konnte ich Via Cargo endlich verlassen. Heute hatte ich eine kleine Meisterleistung verbracht und war stolz auf meine Offenheit, meine Stressresistenz und wie ich jedes neu auftretende Problem lösen kann und nicht verzweifelt bin. Jetzt ging ich zum Busbahnhof, jetzt konnte ich Argentinien ruhigen Gewissens verlassen. Ich kaufte die Tickets für Anna und mich nach Brasilien, ging in ihr Hostel und nach 10 Minuten kam auch Anna an nachdem sie die Iguazú-Wasserfälle heute den 3. Tag besichtigt hatte. Wir gingen also wieder zum Busbahnhof und der Bus brachte uns inklusive Passkontrollen über die Grenze nach Foz do Iguazú. Jetzt ja “ahora si” ach nein, hier wird ja portugiesisch und nicht spanisch gesprochen “agora sim”. Auch meinem Danke “Gracias” folgte immer ein: “Aaaah, obrigada!”. Mal sehen, wie lange ich diesmal brauche um mich umzugewöhnen. Es ist aber auf jeden Fall schön zu beobachten, wie viel mehr portugiesisch ich verstehe, als das letzte Mal, als ich im Juni/Juli in Brasilien war.

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