Auf den Spuren der Jesuiten

Mit den spanisch und portugiesischen Eroberern kamen nach Südamerika im 17. Jahrhundert natürlich auch Jesuiten, Priester, gebildete Männer, die ihre Lebensweise, ihr Wissen und ihre Religion verbreiten wollten. Angekommen in Asunción (Paraguay) breiteten sie sich aus, sprachen zu den Ureinwohnern, den Guaraní, um sie zu überzeugen, in Jesuiten-Missionen zusammen zu leben. Da Kriege und Sklaverei auf der Tagesordnung standen, gingen viele Guaraní (insgesamt etwa 140.000) in diese Missionen und die Missionen selbst wurden nach Süden verdrängt, in das Gebiet, in dem wir uns aktuell befinden, Misiones, woher natürlich auch der Name rührt. Ist man in Misiones unterwegs, muss man also natürlich auch mal einen Geschichtstag einlegen und eine der 30 Jesuiten-Missionen besuchen, was heute auf unserem Plan stand. Wir gingen also in die Ruinas San Ignacio Miní und bekamen zu Eintritt eine gratis Führung dazu. Das ganze sogar auf super gutem Englisch. Wir fragten unserer Dame also Löcher in den Bauch und lernten wirklich viel. Jesuiten-Missionen wurden prinzipiell immer nach dem etwa gleichen Plan und in Flussnähe gebaut. Einerseits liefert der Fluss Steine zum Bau und ist eine ausgezeichnete schnelle Transportmöglichkeit, um zum Handel zu reisen. Die Guaraní wurden also aus ihrem Dschungelleben in Häuser gesteckt und jede Familie separiert in einem Zimmer untergebracht, was für die Guaraní eines der größten Einverständnisse war, denn eigentlich lebten sie polygam, was sie von nun an nicht mehr durften. In San Ignacio lebten 4500 Guaraní mit 2 Jesuiten zusammen. Die Jungen lernten in der Schule lesen und schreiben, es gab jegliche Berufe in einer Mission, auf dem Platz kam man nicht nur zusammen, sondern lernte auch sich zu verteidigen und zu kämpfen, jeder Familie hatte ihren eigenen Garten, es gab aber auch einen Gemeinschaftsgarten, um Güter für das Allgemeinwohl damit zu beschaffen und natürlich war Dreh- und Angel-Punkt des Ganzen die Kirche. San Ignacio ist eine der best erhaltensten Missionen. Das Foto des Tages ist heute vor dem ehemaligen Kircheneingang aufgenommen wurden. Nachdem die Jesuiten im 19. Jahrhundert zurück nach Spanien geordert wurden, zerfielen nach und nach die sozialen Strukturen, die Guaraní verließen die Missionen und damit zerfielen nach und nach auch die Bauwerke. Mit der Besiedlung von San Ignacio vor etwa 200 Jahren verschwanden die Steine der Mission in Wohnhäusern und die Natur übernahm dann den Rest. Heute ist es UNESCO-Weltkulturerbe und wir froh, dass es nun geschützt und restauriert wird. Nach 2 Stunden auf dem Gelände mit eigenem Rathaus, Friedhof, Drainagesystem und Feldanlagen waren wir mit unserer Führung fertig und verließen das Gelände. Schon wieder hungrig machten wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem, was in Argentinien auf einem Dorf an einem Sonntag in der Siesta-Zeit absolut unmöglich ist. Wir setzten uns also in den Park und aßen all unsere Snacks, die wir noch hatten. Dann konnte es weiter gehen. Im Ticket außerdem enthalten, ist der Eintritt zu 3 weiteren Missionen. An der Hauptstraße wurde also der Daumen heraus gehalten und ein LKW aus Brasilien hielt an. Ich machte die Tür auf und mir kam eine Wolke Coca-Geruch entgegen. Es waren zwar schon 2 Leute drin, aber wir durften trotzdem noch mit. Wir stiegen ein, Anna setze sich mit Schwung aus Versehen erstmal auf den Schoß des Beifahrers und machte ihn etwas nervös. Die Fahrt war kurz aber witzig, wir verstanden kaum ein Wort, da ihre Backen so sehr mit Coca gefüllt waren und verabschiedeten uns 20 km später in Santa Ana wieder. Schon vom Eingang an ein ganz anderes Gefühl, bekamen wir doch erstmal wieder ein paar englische Erklärungen zum Gelände und der Geschichte. Dann würden wir auf uns allein gestellt und durften die Mission unsicher machen. Da San Ignacio die besterhaltenste und damit meist besuchteste Mission ist, waren wir hier zunächst erstmal allein. Hier werden auch keine Reparaturen vorgenommen, sondern es wird nur konserviert, was noch da ist. Wir schlenderten also zwischen den Ruinen herum, ließen unsere Rucksäcke liegen und genossen die Ruhe. Meine Frage: “Hast du Lust dich kurz ins Gras zu legen?”, beantworte Anna gottseidank prompt mit “Ja!” und sowie wir lagen kam nur noch: “So eine Siesta hat halt schon auch ihren Sinn.” und wir mussten lachen. Die Sonne und das Gras kitzelten in der Nase aber nach 5 Minuten liegen, fühlten wir uns schon viel besser und energetischer. Manchmal ist es auch einfach nur schön, einen Ort einmal richtig auf sich wirken zu lassen. Sich vorzustellen, wie das hier mal gewesen ist. In solchen Momenten bekomme ich gern mal Gänsehaut. Wir gingen noch etwas in ehemaligen Garten spazieren und waren am meisten von dem Friedhof beeindruckt, da dieser in San Ignacio nicht mehr erhalten war. Offene Särge, kleine Mausoleen, Bäume die erst hinein und dann wieder hinaus wachsen. Szenen wie gestellt. Szenen, die das Auge nicht wirklich glauben wollte. Hätte mich dort jemand erschreckt, hätte ich mich vermutlich direkt in einen der Särge legen können. Gruselig und doch super spannend und interessant. Geschafft gingen wir vom Gelände und fanden einen Trampelpfad der in den Wald hineinführte. Abenteuerlustig wie wir beide sind, nahmen wir ihn natürlich. Nicht lange und ich entdeckte riesige Käfer an einem Baum. Sind die tot? Vorsichtig schauen wir mit einem Stock nach, denn sie sehen wirklich fies aus. Tatsächlich sind es nur noch die Chitinpanzer. Die lebendigen Käfer dazu müssen also noch größer sein, wenn sie aus ihrem Panzer herausgewachsen sind. Denen wollen wir lieber nicht begegnen. Weiter geht es, der Wald öffnet sich, wir spazieren über ein Feuchtgebiet mit Schilf und landen in einem Guarani-Dorf. Ich denke mir schon, dass die uns hier sicher nicht haben wollen. Wir sind schon fast durch, da werden wir entdeckt und angesprochen, dass das Privatgelände sei. Die Leute sind aber sehr nett und meinen wir können ruhig weitergehen, die Natur wird noch schön. Guaraní Leben noch heute ganz anders. Für sie gibt es keinen Besitz, sie haben kein Verständnis für Werte. Wenn nicht gar alles geteilt wird, kann es schon mal sein, dass ein Motorrad gegen eine Flasche Whisky getauscht wird. Wir spazieren also durch die Mais-, Maniok- und Kartoffelfelder und kommen irgendwann wieder auf einer befestigten Straße heraus. An der Ruta 12 halten wir wieder den Daumen raus und werden im Laderaum eines Caddy’s, in dem ein Campingstuhl steht, auf den ich mich natürlich setze, zu unserer Unterkunft gebracht. Geschafft vom Tag falle ich ins Bett. Später treibt uns nur der Hunger nochmal raus und diesmal werden wir sogar fündig. Nicht nur 1 Choripan, nein, 2 Choripanes für jeden von uns. Perfekter Abschluss eines lehrreichen Tages, denn auch das Gehirn braucht ab und zu Futter.

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