Generationenwechsel

Feiertag in Argentinien. Das heißt, Horacio hat frei und als wir aufstehen, steht unser Frühstück schon auf dem Tisch. Ihm liegt viel daran, uns die Spezialitäten und seine Region näher zu bringen. Zum Frühstück gibt es also schon mal Chipa, ein Brot aus Yukkamehl und Käse. Danach nahm uns Horacio mit in die Stadt. Schon jetzt war es unerträglich heiß. Vom Nichtstun lief mir der Schweiß das Gesicht herunter. Wir besichtigten erstmal im Schnelldurchlauf das Naturwissenschaftliche Museum, da es bei unserer Ankunft leider nur noch 15 Minuten geöffnet hatte. Dann ging es wieder raus in die Sonne. Heute ist Feiertag, wir sind an der Küste mit Parkanlagen unterwegs und so kommt es, dass es sich jeder mit einem Campingstuhl und einem Mate gemütlich gemacht hat. Der Blick auf den Fluss gerichtet, im Schatten unter einer Palme platziert. Viel anders hält man es heute nicht aus. Als hart gesonnene Touristen, schauen wir uns noch die Brücke von nahem an oder besser gesagt, müssen die anderen beiden noch mit mir mitgehen, weil ich mir die Brücke anschauen will, weil ich Brücken ja so mag. Die Brücke könnt ihr euch unten auch noch anschauen. Ich mache gefühlt 200 Fotos bis ich befriedigt bin und dann sind wir auch schon bei den aufgestellten Buchstaben “Corrientes” angekommen. Auch hier werden wieder ein paar Fotos geknipst, bevor es in entgegengesetzter Richtung zurück geht. Schatten haschen ist angesagt. Ich fordere außerdem Horacio auf, endlich Mal was zu trinken, da Anna und ich schon 1 Liter Wasser in uns hineingekippt haben und mein Kreislauf trotzdem langsam schlechter wird. Wie Horacio das als älterer Mann mit hohem Blutdruck macht, ist mir ein Rätsel, aber da ich keine Lust habe zu arbeiten, ermahne ich ihn mit einem Lächeln und nach 2 mal,trinkt er gottseidank etwas. Zurück beim Auto angekommen steigen wir ein und haben keine Ahnung, wo er uns hinbringt. Er hat in der Zwischenzeit ein paar Telefonate geführt und wir wissen nur, dass es bald Hühnchen geben soll. Wir setzen uns also blindlinks ins Auto und vertrauen ihm. Irgendwann sind wir soweit gefahren, dass wir aus der Stadt raus sind. Irgendwann biegen wir von der Hauptstraße ab, passieren ein abgesichertes Eingangstor und finden uns auf einem Gelände mit ganz vielen schönen Häusern im Grünen wieder. Horacio hat hier vor 2 Jahren mit Miguelina ein Grundstück gekauft, welches sie nach und nach herrichten. Wir lernen also erstmal Miguelina kennen und bereiten den Mittagstisch vor. Es gibt Hühnchen, Salat, Brot und Chimichurri. Wir genießen die Aussicht und beobachten die Vögel. Ich bin ganz erpicht darauf, endlich Mal einen Vogel zu sehen, den ich seit 1,5 Jahren in Südamerika ständig höre und nie gesehen habe, also frage ich bei jedem Vogel, ob es der jenigen welche ist und werde immer enttäuscht. Der Vogel mag einfach Versteck spielen. Nach dem Essen gibt es noch eine kleine Kräuterkunde durch den Garten, während Horacio schon den ersten Tereré vorbereitet. Als wir dazukommen, schieße ich das heutige Foto des Tages. Tereré wird hauptsächlich in Paraguay getrunken und ist quasi ein Eistee mit Mate. Statt des heißen Wassers kommt eisgekühltes Wasser oder Saft oder ein anderes Erfrischungsgetränk in die Thermoskanne. In unserem Fall, war es Sprite. Dann wird das Trinken das Tereré exakt genauso zelebriert, wie das Trinken von Mate. Einer hat die Aufgabe, die Tasse immer aufzufüllen, dann reicht er sie durch die Runde und wenn man nichts mehr haben will, sagt man “Gracias”. Unsere Tereré-Runde halten wir während der Autofahrt ab. Auch jetzt, wissen Anna und ich wieder nicht, wo es hingeht. Aber eigentlich ist das ganz egal, denn schon der jetzige Moment ist unvergesslich. Wir fahren durch Corrientes während wir Tereré trinken, im Radio läuft Chamamé, die traditionelle Musik der Region, die Anna dazu anregt, Schuhplattler zu tanzen, Horacio singt das ein oder andere Mal mit und ich schaue wie ein kleines Kind, das die Welt entdeckt aus dem Fenster. Vorhin haben wir die Leute im Park sitzen sehen. Jetzt sehen wir sie auf dem Campingstuhl in gemütlicher Runde auf der Ladefläche des Pickups sitzen, alles natürlich während der Fahrt. Nebendran wird eine neue Teerstraße gebaut und damit keiner darauf fährt, wurden große Äste auf der neuen Straße verteilt, was eine einfache aber geniale Lösung ist. Wir hoffen in der uns umgebenden Schilflandschaft auf Capibaras, aber auch heute gehen wir wieder leer aus. Irgendwann kommen wir in Santa Ana de los Guacaras an und machen unseren nächsten kleinen Rentnerausflug, wobei man bemerken muss, dass beide, Horacio und Miguelina noch als Lehrer arbeiten. Wir schauen uns den alten Zug von 1890 an und treffen auf eine Einheimische, deren Großeltern aus Deutschland kamen. Sie versteht also unser deutsch und wir haben einen interessanten Austausch. Hier im Norden von Argentinien gibt es wohl ganz viele deutsche Kommunen. Weiter geht es in der alten Kirche von 1771, die von den Ureinwohnern gebaut, dann aber vom Franziskaner-Orden übernommen wurde. Unsere Tour ging weiter, auch jetzt war alles wieder unklar. Wir kamen in Paso de la Patria an, machten ein kleinen Halt und Horacio zeigte uns aus dem Auto heraus, man bemerke wir sind eine halbe Stunde bis hierher gefahren, dort ist Paraguay, dort die Provinz Chaco und hier Corrientes. Als wir weiter fahren wollen, Hake ich ein und Frage, ob wir ein wenig herumlaufen können, sonst wären wir wieder gefahren. Wir suchen uns also einen Parkplatz und schlendern minimal entlang der Küste entlang, während sich die Sonne langsam dem Horizont nähert und ein Kind von etwa 5 Jahre einen großen Silberfisch (Boga) aus dem Fluss zieht. Mit Mut und Können, befreit sie ihn vom Haken und ich bin überrascht wie selbstverständlich das aussah.auch hier sitzen wieder ganz viele Leute und genießen auf den Felsen, am Strand oder im Park sitzend die langsam kühler werdenden Temperaturen. Für uns geht es wieder ins Auto für unseren letzten Stopp. Wir fahren nach San Luis de Palmar, um unser Abendessen einzukaufen. Hier gibt es Chicharrón mal ganz anders. Nachdem wir Miguelina abgesetzt habe und wieder zu Hause sind, staune ich nicht schlecht. Das Fleisch war geflochten und dann leicht frittiert. Mit frischem Brot und nicht zu wenig Limette, war das ein super Abendessen. Es war wirklich extrem schön zu sehen, wie viel mühe sich die beiden gegeben haben, uns ihre Region an ihrem freien Tag näher zu bringen. Aber da Anna und ich doch einige Jahre jünger sind und schon seit ein paar Tagen, aufgrund von Bewegungsmangel innerlich etwas unausgeglichen sind, mussten wir dann doch nochmal was anderes machen. Da wir eine Einladung zu einem Konzert hatten, entschieden wir recht müde vom Nichtstun und der Hitze, doch nochmal los zu gehen. Im Wynwood angekommen, wurden wir freundlich von einem Bandmitglied begrüßt und dann ging es auch schon los. Ich hatte absolut keine Ahnung, was mich erwarten würde, aber als die ersten Töne gespielt waren, wusste ich, dass ich den Abend genießen würde und konnte mich nicht mehr auf dem Hocker halten. Wir fingen also an zu tanzen und genossen die Musik, die irgendwo zwischen Reggae, Jazz und Elektro war. Mich erinnerte es sehr an die Band “Meute” aus Hamburg. Total schön anzusehen, war auch, wie die Band selbst ihre Musik genoss und feierte. Was für ein unerwarteter Tag und was für eine unerwartete Wendung. Anna schreit mir zu: “das habe ich gebraucht” ich grinse nur und nicke. Anna und ich merken immer mehr, wie gut wir zusammen reisen können, auch wenn wir uns vorher kaum kannten. Es passt einfach, wir sind so gleich. Die Leute finden es erstaunlich, wie gut “die Deutschen” tanzen können und wir müssen etwas schmunzeln. Nach der Band legt noch ein DJ auf und wir werden an den Tisch der Band eingeladen, wo es Pizzen und Freigetränke in Selbstbedienung gibt. Wir beginnen uns auszutauschen, tanzen aber immer noch weiter. Als in der Bar Schicht im Schacht ist, unterhaltend wir uns noch eine Stunde davor. Die Leute sprechen kaum Englisch also findet alles wieder auf Spanisch statt. Zu meiner Überraschung finden sie meinen Humor total witzig und ich bin stolz auf mich, dass ich mittlerweile selbst in Spanisch Witze reißen kann. Anfangs meiner Reise konnte ich das nicht einmal im englischen, jetzt sogar in Spanisch. Mit einem Lacher verabschieden wir uns, als ich gerade nach einem Kuss gefragt werde und in dem Moment dank Situationskomik unser Taxi um die Ecke biegt und ich mich dorthin verflüchtige.

https://lets-world.de/wordpress/2025/03/25/corrientes/

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