Wasserbomben ahoi zum Rosenmontag!

Da wir gerade nach 5 Stunden tanzen beim Karneval zurück gekommen sind und ich letzte Nacht im Nachtbus nicht wirklich schlafen konnte, folgt die Beschreibung morgen…

Ausgeschlafen kann ich nun über all die zahlreichen Geschehnisse des gestrigen Tages berichten:

Mein Sitz im Nachtbus hatte leider eine defekte Lehne, also konnte ich nicht, wie alle anderen in 160° liegen, sondern musste mich irgendwie auf meinem Sitz hin und her wurschteln, damit ich irgendwie in den Schlaf finden kann. Dementsprechend schlecht und wenig habe ich aber geschlafen und kam mit extrem starken Kopfschmerzen kurz vor 6 Uhr in Sucre an. Felix, der aus Uyuni ein paar Minuten vor mir angekommen war, wartete bereits auf mich und war auch noch nicht ganz auf der Höhe. Wir nahmen uns ein Taxi in ein Hostel und hofften einfach mal, dass es jemanden geben würde, der uns die Tür öffnete, da wir noch keine Reservierung hatten und die Stadt noch im Tiefschlaf war. Wir hatten Glück, man öffnete uns die Tür, wir bekamen die letzten 2 freien Betten im Hostel, jedoch erst ab um 12 Uhr, und konnten uns noch etwas in den Aufenthaltsräumen des Hostels ausruhen. Auch das Frühstück bekamen wir im Hostel. Hier schlossen wir Bekanntschaft mit Manuel und Heinrich aus Deutschland, die sich auch erst am Vorabend beim Karneval kennen gelernt hatten. Wir verstanden uns von Anfang an super, sodass sie meinen Plänen für den Tag direkt einwilligten. Nach einem gemeinsamen Frühstück im Hostel ging es also direkt in die Straßen von Sucre zu einer Free-Walking-Tour, die ich gerade erst gebucht hatte. Wie sich herausstellte, waren noch 3 andere aus dem Hostel bei dieser Tour und somit war das Hostel, der einzige Nutzer der Tour heute. Wie sich außerdem herausstellte, war es die einzige Tour heute und morgen, da aufgrund des Karnevals alles geschlossen hat und somit auch keine Touren stattfinden. Unser Tourguide hatte einfach vergessen unsere Tour zu canceln, was uns natürlich alle glücklich machte. Unsere Tour führte uns durch die hübsche Altstadt von Sucre, die der Stadt auch seinen Spitznamen, weiße Stadt – Ciudad blanca, gibt. Ich muss wirklich sagen von allen Städten, ist dies eines der schönsten Südamerikas. Auch wenn es die Hauptstadt Boliviens ist, hat man eher das Gefühl in einer kleinen Stadt zu sein. Das beweist auch, dass der Sitz der Regierung in La Paz ist und die meiste Wirtschaft in Santa Cruz stattfindet. Sucre ist also recht unbedeutend. Wir gehen über den Markt und verschiedene Plätze, bis es irgendwann extrem anfängt zu regnen und wir die Tour etwas abkürzen. Da wir alle wieder Hunger haben, gehen wir gemeinsam in den Markt essen, freunden ums mit Sonita an einer Verkäuferin, die uns durchfüttert und sehr auf Manuel seine blauen Augen steht. Am Ende dürfen wir sie Mamita nennen und machen aus, morgen wieder zu kommen, da es so gut schmeckt und sie so sympathisch ist. Danach geht es noch zu den Saftständen und wir gönnen uns jeder eine andere exotische Mischung. Frisch vitalisiert, geht es wieder zurück ins Hostel, wo wir noch etwas rumsitzen, quatschen und entspannen, bevor wir uns in die wildgewordenen Straßen während des Karnevals von Sucre stürzen. Je weiter der Tag voranschreitet, desto schlimmer wird es. Auf dem Weg zum Busbahnhof werden wir paranoid. Wir bringen Heinrich weg, der leider schon wieder abreist und wollen selbst ein Busticket für morgen kaufen. Die ersten Wasserbomben bekommen wir völlig unvorhergesehen von einer Dachterrasse ab. Die Leute haben sich überall positioniert, um jeden damit zu bewerfen. Hinter jeder Ecke, hinter jeder scheinbar verschlossenen Haustür, auf jeder noch so leeren Dachterrasse. Der Weg wird zum Kampf. Jeder Bewohner in Sucre hat heute genau eine Aufgabe, Spaß haben mit Wasserbomben. An jeder Straßenecke werden welche verkauft. Wir haben so viel spaß mit den Einheimischen. Ich kann lange den Wasserbomben ausweichen, bis mir ein Soldat in voller Montur, von dem ich keine Gefahr erwartet hätte ganz entspannt im Vorbeigehen eine Wasserbombe in den Nacken drückt und ich einmal komplett nass bin. Man kann also keinem mehr trauen. Auch aus den Autos werden sie gewurfen, wo soll man nur zuerst hinschauen. So ein riesen Spaß, doch man will doch auch möglichst viel ausweichen. Und dann fährt ein LKW vorbei, dessen Ladefläche voller Kinder mit Wasserbomben, Wasserpistolen und Co ist. Ich bin begeistert vom Karneval in Sucre. Wir kommen an einer kleinen Karnevalsparty vorbei und spätestens hier ist alles vorbei. Geschätzte 100 Leute sehen die Blondine vorbeilaufen, Felix bekommt genau eine Bombe ab. Ich bekomme das ganze Feuer zu spüren. 20 m werde ich ununterbrochen bombardiert, ein ausweichen ist zwecklos. Hier bekomme ich auch den Karnevals-Schaum das erste Mal ab. Einmal komplett eingeschäumt. Aber immerhin riecht es nach Kokos. Trotz dessen, dass ich völlig nass bin, habe ich Spaß. Wir gehen Abendessen im Mercado, bevor wir wieder mit der gesamten Truppe aus dem Hostel unterwegs sind. Wir schließen uns dem ersten Karnevalsumzug an, der an uns vorbeigeht. Da die gesamte Stadt von tausenden Umzügen durchbohrt wird, müssen wir nicht lange warten. Mit einer Flasche Leche de Tigre – Tigermilch ausgestattet, welches DAS Getränk des Karnevals hier ist und aus 3 verschiedenen Sorten Milch und Singani, einem Schnaps aus Weintrauben besteht, geht es also los. Mit den tanzenden und feiernden Massen bewegen wir uns vor der Blaskapelle fort. Nicht lange und die ersten Leute fordern uns auf ihre Getränke zu trinken, nehmen uns bei der Hand, bringen uns ihre Tanzschritte bei und wollen einfach nur, dass wir die Zeit in Bolivien, in Sucre genießen, dass wir unser Leben genießen. Und das können wir zu 100%. Der Großteil der Innenstadt ist für Fahrzeuge gesperrt, also ist es ein leichtes sich fortzubewegen. Unser Umzug hat außerdem ein paar Securityleute, die darauf aufpassen, dass wir uns stetig fortbewegen, dass es keine kleinen Katastrophen an den Kreuzungen gibt oder wofür auch sonst immer. Wir fühlen uns sicher und jeder hat spaß daran, dass wir in diesem Jahr Teil ihres Umzuges sind. Und das zeigen sie uns auch. Kommt unser europäisches Gemüt wieder etwas zu sehr durch, fordern sie uns direkt wieder auf zu tanzen und zu lachen. Nach 2 Stunden kommen wir an einer Location an. Verenice mit der ich am meisten getanzt habe, will mich unbedingt mit herein nehmen. Ihre Tanten nehmen mich in den Schlepptau. Eigentlich braucht man ein Bändchen, um hereinzukommen, was ich natürlich nicht habe. Die Massen drängen sich herein, jeder wird kontrolliert und ich schleiche mich wie auch immer hinter der Security durch. Ich bin drin, jetzt müssen die anderen nur noch nachziehen. Ich bin in Augenkontakt mit Felix, der es auch versucht, doch scheitert. Verenice will alles möglich machen. Sie geht hin und her, die gesamte Familie ist involviert, also fast die gesamte Faschingsgemeinde. Felix soll 100 Bolivianos zahlen. Am Ende bekommt Felix ein Bändchen für 50 Bolivianos und ist drin. Wir gehen also auf die Tanzfläche, wo schon ein DJ auflegt und beginnen mit der Party. Die Party wird zu meiner ersten Schaumparty und da wir eh schon nass sind, spielt es auch keine Rolle mehr nun auch nasse Füße zu haben und wir haben so viel Spaß. Nach und nach kommen auch die anderen von unserer Truppe herein und wir tanzen zu Latino-Rhythmen die Füße und Hüften wund. Als die Blaskapelle hereinkommt und das musikalische Zepter wieder übernimmt, wissen alle, es geht weiter. Also wieder Sachen schnappen und ab auf die Straße. Jetzt habe ich das Gefühl, alles sei ausgelassener, vertrauenswürdiger, jeder kennt einen, alle Sorgen sind verflogen. Die einzige Sorge nach wie vor ist, wo kann ich auf Toilette gehen, wenn von oben immer wieder Nachschub kommt und wir die ganze Zeit durch die Altstadt laufen. Die Männer haben es da einfacher mitten auf der Straße. Irgendwann kommt der Umzug an unserem Hostel vorbei und da mir Verenice gesagt hat, dass eh um 12 Schicht im Schacht ist und es halb 12 ist, kann ich die anderen direkt mit überreden ins Hostel einzukehren und es für heute gut sein zu lassen. Dass wir die gesamte Zeit stets beisammen waren, ist sowieso ein kleines Wunder, am Ende fühle ich mich trotzdem etwas wie die Gruppenmutti, die stolz darauf ist, all ihre Schäfchen beisammen und heile nach Hause gebracht zu haben.

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