Auf der Sonneninsel

Damit Felix mal wieder etwas zu tun hat, habe ich mich, immer noch krank, heute etwas zusammengerissen, eine Ibuprofen eingeschmissen und los konnte es gehen. Um 9 Uhr sollten wir am Hafen sein, was wir auch einhielten. Zusammen mit uns kam ein Platzregen und Hagelsturm an und noch bevor wir im überdachten Boot Platz fanden, waren wir einmal komplett nass. Doch dann tuckerten wir los. Mit 2 Bootsmotoren quälten wir uns über die Wellen des Titicacasees, die eher der Höhe von Meereswellen entsprachen. Ein paar Mal hatten die anderen Passagiere Angst schiffsbrüchig zu werden, doch dann klimperte die eine Passagierin weiter auf ihrer 10-Saiten-Ukulele und alle Gemüter waren wieder beruhigt. Nach 2 Stunden Fahrt kamen wir im Norden der Isla del Sol in Challapampa an. In meinem Reiseführer hatte ich gelesen, dass Touristen auf keinen Fall den nördlichen Teil der Insel betreten sollten, da es Konflikte zwischen den einzelnen Dörfern gäbe. Als uns dann gestern ohne Weiteres angeboten wurde, anstatt einer geführten Tour, die Fähre in den Norden zu nehmen und von da aus in den Süden zu wandern und dort wieder eine Fähre zurück nach Copacabana zu nehmen, zögerte ich nur kurz und unser heutiger Plan stand fest. Carlixto, ein Einheimischer, hatte sich direkt bei unserer Ankunft unserer angenommen. Zusammen mit einer Spanierin begleitete er uns zum Templo del Sol im Norden, denn im Süden gibt es auch noch einen, schwatzte etwas aus dem Nähkästchen über seine geliebte Insel und wir lernten auch direkt etwas dazu. Meine erste Frage, wie es mit den Konflikten aussieht, konnte er beruhigt abwehren. Diese gab es nur 2017 und die Übeltäter befinden sich wohl jetzt in La Paz im Gefängnis. Seither ist die Isla del Sol mit seinen 2000 Einwohnern eine Art Großfamilie, ohne Autos, gefährliche Tiere und Alkoholiker. Jeder hilft jedem und genau diesen Eindruck vermittelt er uns auch jedes Mal, wenn wir auf andere Einheimische stoßen. Die Leute leben hier von der Landwirtschaft, in dem sie Kartoffeln, Mais oder Quinoa anbauen, weshalb man auch überall, wo man hinschaut terassenartige Felder sieht. Wenn nicht von der Landwirtschaft, dann, wie könnte es anders am Titicacasee, dem Lago Sagrado, dem heiligen See, Mama-Cotta, sein, dann leben sie von der Fischerei oder ziehen Tiere auf, die sie am Ende ans Festland verkaufen. Der Titicacasee liegt auf 3810 hm und wir steigen heute mal wieder auf über 4000 Meter in die Höhe. Carlixto vorn weg, gehen wir einen unglaublich schönen Weg. Selbst hier waren die Inka und so kommt es, dass wir wieder einmal auf einem Stück Inka-Trail laufen. Bis zum Roca sagrada, einem heiligen Stein, an dem wieder extrem viel Energie fließen soll. Genau gegenüber steht ein Opfertisch, auf dem zu früheren Zeiten Opferungen von Kindern und Jungfrauen stattfanden. Alles wieder nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet. Ein Stück weiter und wir sind beim Tempel angekommen, welcher vorwiegend zum Meditieren genutzt wurde, weshalb hier auch ganz viele Nischen in den Wänden sind, in denen man in welcher Position auch immer meditieren, seinen Körper bereinigen und sich auf die Zukunft fokussieren konnte. Wir steigen zu einer Quelle mit heiligem Wasser hinab. Das Wasser soll gut für die Gesundheit sein. Das lass ich mit nicht 2 mal sagen: ich hätte gern was davon. Carlixto nimmt einen Zweig, zieht ihn einmal durch die Quelle, schwenkt ihn über meinen ausgebreiteten Händen aus und ich soll mein Gesicht damit benetzen. Eine Blitzwirkung hatte es jetzt nicht, aber vielleicht bin ich ja morgen gesund. Mit dieser kleinen Zeremonie verabschieden wir uns auf unseren Wanderweg Richtung Süden. Die Aussichten sind grandios. Am einen Ende des Sees sehen wir Peru, auf der anderen Seite Bolivien. Das Handy kann wie immer nicht mal ansatzweise festhalten, was die Augen zu sehen bekommen. Der See schimmert in verschiedenen Blautönen. Die Insel selbst besteht aus unglaublich vielen verschiedenen Gesteinsarten. Gerade noch über schwarzen Schiefer gelaufen, geht man jetzt über rostigen Basalt und dann auch schon wieder über weißen, gelben, orangenen, roten, lilanen oder sogar blauen Sandstein. Unglaublich wie divers dieser Wanderweg ist. Immer auf dem Kamm der Insel entlang, denken wir jedes Mal, dass wir nun endlich an der höchsten Stelle angekommen seien, folgt doch ein weiterer Hügel hinter der nächsten Kuppe. Ein paar bunte Greifvögel genießen die Aufwinde, während ich mit spektakulärer Aussicht gerade mein Geschäft verrichte. Uns wurde gesagt, der Weg würde 2 Stunden dauern, aber nach 1,5 Stunden sind wir gerade erstmal auf der Hälfte des Weges. Wir sollten also etwas die Beine in die Hand nehmen, dass wir die letzte Fähre zurück nach Copacabana schaffen. Umso weiter wir in den Süden kommen, umso grüner wird es. Ganz noch dem Motto: Isla del Sol – Sonneninsel, haben wir super Wetter und können uns gar nicht oft genug mit Sonnencreme eincremen, während wir in der Ferne auf dem Festland all die Gewitterwolken sehen, wie sie sich über Peru und Copacabana abregnen. Auch auf die Cordillera Real mit seinen 6000er-Gipfeln haben wir eine super Aussicht. Doch weiterhin nicht die Zeit vergessen. Ich treibe Felix etwas an. Er will den Weg genießen, aber mittlerweile haben wir nur noch 45 Minuten bis zur letzten Fähre. Ich lege wieder meinen schnellen Schritt ein und er braucht eine Pause vom Tempo. Mein Körper vergisst in der ganzen Aufregung, dass er krank ist. Und dann kommen wir endlich in das Dorf Yumani, in dem die Esel aussehen wie Schafe. Das sind keine Esel, meint Felix, das sind Schaesel. Dieser Kommentar beflügelt mich noch mehr, auch wenn ich kurz anhalten muss, um mich aus zu lachen. Vom Dorf müssen wir jetzt nur noch wieder komplett nach unten. Ich lege einen Zahn zu und verliere Felix, aber ab jetzt ist der Weg eindeutig, der Hafen ist ausgeschildert und ich spurte voran. An der Inka-Quelle vorbei, die Inka-Treppe hinunter. Gute 200 Höhenmeter wie ein junges Reh springe ich wieder von Stein zu Stein. Mir kommen ein paar bepackte Schaesel und Cholitas entgegen, die von den Schiffen Lieferungen erhalten haben. Und dann habe ich es geschafft. Am Hafen frage ich mich durch. Naja, eigentlich ist genau der erste Mensch, den ich völlig willkürlich anspreche, am Ende unser Captain der uns zurück nach Copacabana bringen wird. Ich gebe ihm noch kurz Bescheid, dass Felix noch mitkommen wird. Felix springt 5 Minuten später ins Boot und wir tuckern los. Was für eine Punktlandung! Wir halten zu unserem Erstaunen noch beim Templo del Sol im Süden an und raffen uns noch einmal auf. Irgendwie scheinen wir in eine Tour geraten zu sein, dass wir diesen Tempel auch noch besichtigen dürfen. Jackpot. Jetzt sind wir aber wirklich k.o.. Auf der Rückfahrt fährt mein Körper wieder runter und ich bemerke, dass ich ihm doch etwas mehr Ruhe schenken sollte, was ab nun auch zu 100% geschehen wird.

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