Kleiner Packesel

Eine kleine “Reise nach Jerusalem” stand mir heute bevor. Fernando, Freund und Anwalt, wird in Cusco alles für mich regeln, um Biesti möglichst wieder zu bekommen. Für den Antrag haben wir 20 Tage Zeit. Heute ist Tag 2. Er braucht noch einige Dokumente von mir, welche ich ihm per Post zusenden soll. In Yunguyo, wo ich gerade bin, gibt es allerdings keine Post, also bringt mich Johan, bei dem ich untergekommen bin, zum Collectivo, welches mich zurück nach Puno bringt, wo ich vor 2 Tagen schon mitten im Carneval gelandet bin. Dort dann die Hiobsbotschaft, es ist immer noch Carneval. Alles ist geschlossen. Heute ist der letzte von 11 Tagen. Kein Mototaxi möchte mich mitnehmen, bis sich Juan José ein Herz fasst und für mich herum telefoniert. Wir finden ein Büro, das geöffnet ist. Dort angekommen: Es dauert 20-30 Tage. Mir fällt alles aus dem Gesicht, die Zeit haben wir leider nicht. Wir fragen nach, ob noch irgendwas anderes geöffnet hat und bekommen zur Antwort, der Busbahnhof. Also tuckern wir dort hin, nachdem wir uns wieder durch den Umzug zurück gequält haben. Am Bahnhof angekommen, finden wir direkt die zuständige Person. Als Absender kommt nur mein Name drauf, auch die Zustellung ist interessant. Fernando sein kompletter Name kommt drauf, seine Identifikationsnummer und dann nur Cusco. Ich muss ein paar Mal nachfragen, wo es hin geliefert wird, um Nichts falsch zu verstehen. Aber ich habe die letzten Male an den Busbahnhöfen schon beobachtet, dass sie als Post fungieren und Pakete ein und ausladen. Mein Brief wird also mit einem Bus zum Busbahnhof in Cusco gelangen, hoffentlich. Auch Fernando’s Telefonnummer musste ich hinterlegen, dass er Bescheid bekommen kann, wenn der Brief da ist. Wieder total viele neue Eindrücke und äußerst interessant dieses System. Nachdem meine Aufgabe in Puno erledigt ist, kann ich weiter reisen, leider ohne Biesti. Wie schon vor 2 Tagen, geht es zur Grenze, diesmal im Collectivo, 3 Stunden für 15 Soles (keine 4€). Juan José zeigt mir noch, welches der unzähligen Collectivos ich nehmen muss, drückt mir seine Handynummer in die Hand und ich ihm als Dank eine ordentliche Summe Trinkgeld. Das hat er sich verdient. Ich helfe ihm gern dabei, seinem Traum als Lehrer für soziale Fächer ein Stück näher zu kommen. Wie immer im Collectivo läuft laut Musik und doch schafft es die ganze Mannschaft wie immer einzuschlafen. An der Grenze angekommen, laufe ich erstmal an der Schlange vorbei, da ich mir denke, das kann nicht für die Migration sein. Bevor ich aber meinen Kartoffelsack in dem all meine Sachen sind, noch weiter sinnlos herumschleppe, frage ich lieber und verdammt, es ist die Schlange für die Passkontrolle, also wieder zurück und anstellen. Locker 100 m ist sie lang. Nach einer Stunde komme ich dran, bekomme mal wieder einen Ausreisestempel aus Peru und muss nur noch wie ein Packesel über den Nebenarm des Titicacasees gehen und bin in Bolivien. Hier wartet exakt die gleiche Menge an Menschen auf den bolivianischen Stempel, also wieder anstellen. Die Frau vor mir zwingt mir ein Gespräch auf. Naja man hat ja sonst nichts Besseres zu tun. Als ich den Einreisestempel im Pass habe, steuere ich geradewegs auf die Fahrradtaxis zu, da mir die Finger vom Kartoffelsackschleppen schon ziemlich weh tun. Vor dem Lenker befinden sich zwei Sitze auf denen ich und mein Gepäck Platz finden und er fährt mich zum nächsten Collectivo nach La Paz. Ich fülle den letzten freien Platz im Bus, also direkt zwischen Fahrer und der Frau, die vorher vor mir in der Schlange stand, mein Gepäck wird auf dem Dach festgeschnallt und wir fahren los. Wieder 3 Stunden Fahrt, diesmal für 25 Bolivianos (3,50 €). Die Strecke gefällt mir so gut, weil ich die ganze Zeit schon die Bergkette sehen kann, in der ich die nächsten 3 Tage unterwegs sein werde. Ich träume also schon mal etwas vor mich hin und hoffe auf gutes Wetter in den nächsten Tagen. Irgendwann tun mir Rücken und Steißbein so weh, dass ich alle 2 Minuten hin und her rutsche. Es wird Zeit, dass wir ankommen. Wir werden irgendwo mitten in der Stadt rausgelassen und anders als sonst, bewege ich mich keinen Meter von der Stelle. Normalerweise laufe ich immer zu meinen Unterkünften, aber ich schaffe keine 50 m mehr mit meinem Gepäck, also warte ich und winke mittlerweile wirklich gekommt, das erste Taxi heran. Taxis in Südamerika zu erkennen ist so eine Sache für sich. Meistens muss man schauen, ob das Auto sehr alt und heruntergewirtschaftet ist, dann macht man diese gekonnte Handbewegung, die ich mir kleinlichst abgeschaut habe und entweder man hat Glück und das Auto hält, weil es ein Taxi ist oder eben nicht. In meinem Fall, war mein erster Versuch ein Treffer. Er hält an, fragt, wo ich hin möchte, ich frage wie viel es kostet, er sagt einen Preis, ich sage die Hälfte und wir sind im Geschäft. Er bringt mir sogar noch mein Gepäck nach oben ins Hostel. Die letzten 4 Etagen nach dem Einchecken muss ich dann noch selbst schaffen. Ich lasse alles neben meinem Bett im 10er Schlafsaal stehen und liegen und gehe direkt zu meiner Touragentur, mit der ich schon seit einigen Tagen in Kontakt stehe und buche die nächsten 3 Tage. Ich probiere meine Leihklamotten an, alles kommt in einen Beutel mit meinem Namen und wir verabschieden uns bis morgen früh. Als Tipp, wo ich günstig und mit Einheimischen essen kann, habe ich den Mercado Lanza empfohlen bekommen, also gehe ich direkt dorthin, um endlich was ordentliches zu essen, da es bisher nur Kekse und Cracker gab. Ich schaue mich erstmal um. Ein super cooles System. Es gibt ganz viele kleine Nieschen nebeneinander, wie Garagen, die etwa jeweils 6 qm groß sind und eine Küche und einen Tisch für etwa 8 Leute beinhalten. Die Wahl fällt schwer, also lasse ich mich von der ersten Dame, die mich anquatscht, hinreißen. Ich habe keine Ahnung was ich bestelle, aber am Ende bin ich extrem froh. Ich bekomme 2 Brötchen, eines mit einem Brätel und Zwiebeln, eines mit Avocado, Tomate und Käse, dazu eine riesen Tasse frischen Tee. Ich und mein Magen sind happy. Ich schlender nur noch zurück zum Hostel und schieße das heutige Foto des Tages, dass ich nur machen durfte, weil ich auch Popcorn aus der Schubkarre bei der Dame gekauft habe. Etwas widerwillig aber dennoch einverstanden. Meine Reise hat eine riesen Wendung genommen. Anstatt allein im Biesti zu schlafen, bin ich diese Nacht mit 7 anderen in einem Raum.

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