
Wow, was für ein Tag, ich weiß gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll, heute habe ich wieder so viel erlebt, das reicht eigentlich für mindestens eine Woche. Also gut, wie immer fange ich einfach mal chronologisch an. Nach dem Aufstehen, heute ließ ich es etwas ruhiger angehen, da heute eigentlich mein entspannter Tag werden sollte, gab es erst um 8 Frühstück. Als ich gerade so mein Frühstücksei verputze, fangen die Hühner vom Hof an etwas am Rad zu drehen und laufen da hin, wo sie eigentlich gar nicht sollten. Die ganze Familie ist involviert, die hühner wieder wie Schafe zusammen zu treiben. Das kleine Kücken macht am meisten Schwierigkeiten. Ich höre nur, wie meine Gastgeberin sagt: “Du bist du kleinste und machst am meisten Krach. Wenn du nicht gleich den Mund hälst, schlage ich dir den Kopf ab.” Und ich muss anfangen lauthals zu lachen. Ein Bild für die Götter. Als es sich wieder etwas beruhigt hat, kann ich meine Aufmerksamkeit wieder eher in die Natur richten und sehe auch direkt einen Kolibri an den Disteln. Heute scheints zu laufen und das noch bevor ich überhaupt losgegangen bin. Halb 10 starte ich dann auch. Es sind nur 3 km, die vor mir liegen. Es geht auf und nieder immer wieder, konzentriert schaue ich auf den Weg. Aus dem Augenwinkel, sehe ich was ungewöhnliches. Ein vierblättriges Kleeblatt? Meistens sind die Blätter ja nur verfranst, dass es doch nur 3 sind, aber nein. Nachdem ich es gecheckt habe, sind es immer noch vier. Und jetzt das völlig unglaubliche,direkt daneben ist noch eines. Ich denke mir, was ein Glückstag und überlege noch bringt das dann noch Glück oder eher wieder Pech? Ich beschließe, Glück ist ja was positives, also plus und nicht wie “minus und minus ist gleich plus” oder “doppelte Verneinung hebt sich auf”. Nein Glück ist was positives und plus und plus bleibt immer noch plus nur halt ein bisschen mehr. Also werden sie abgepflückt und da ich ein Buch dabei habe, sogar direkt gepresst. Ab jetzt ist also das Glück auf meiner Seite, im 2. Reisejahr wird alles besser. Alles Pech habe ich ja eh schon aufgebraucht. Die Messen sind gelesen oder so. Oder um es mit den Worten der Inka zu sagen: “Die Sterne sind nach mir ausgerichtet.”. Jetzt kann ich verstehen, wieso die Inka hier gelebt haben, irgendwas muss hier in der Luft oder im Boden sein, dass die Kleeblätter so gut vierblättrig werden. Voller Begeisterung geht es also weiter. Zu meiner Überraschung entdecke ich noch 3 weitere der Schmetterlinge, des gestrigen Fotos des Tages, also war es gestern doch gerechtfertigt. Irgendwann nach 1,5 Stunden komme ich dann endlich in Choquequirao an. Erstmal bin ich etwas verblüfft, da ich keine Ahnung habe, wo es lang geht. Riesige Mauern, giftgrüne Terrassen. Irgendwann ruft mir jemand zu, nach oben. Also geht es hoch. Angekommen verlangen die beiden Ranger/Guides mein Ticket. Ich habe aber keines. Ich habe nie einen Ort gesehen, an dem ich es hätte kaufen können. Ich weiß, dass es 60 Soles kostet. Die beiden scheinen einen genauso guten Tag wie ich zu haben und knöpfen mir nur 30 Soles ab. Sie erklären mir noch, wo ich überall langgehen kann und verraten mir noch einen schöneren Weg zurück, wie ihn mir auch Renato aus Cusco, der schon neun mal hier war, empfohlen hat. Jetzt werde ich ihn definitiv nehmen. Ich gehe in die ersten beiden Sektoren. Die Inka-Stadt Choquequirao ist deutlich größer als Machu Picchu. Ich bin erstaunt von der Baukunst. Wie haben sie das nur hinbekommen? Von Quolquas geht’s nach Hanan. Von hier oben hat man eine unglaubliche spektakuläre Aussicht auf die umliegenden Berge. Hier hätte ich auch gewohnt. Überall sind Treppenstufen. Sie entsprechen auf jeden Fall nicht der deutschen Norm, sondern sind eher doppelt bis 3 mal so hoch. Die Inka müssen echt sportlich gewesen sein. Und kleine Menschen können sowas eigentlich auch eher schwer hochsteigen und dabei sind die Peruaner ja im Durchschnitt einen Kopf kleiner als ich. Als der Regen aufgehört hat, setze ich mich mit Weitsicht erstmal hin und mache meine Snackpause. Ich packe gerade wieder zusammen und will ein paar andere Treppen dicht neben dem Abgrund nach unten, da geschieht es plötzlich. Mein Highlight des Tages. Ich bin direkt neben der Klippe und von unten steigt auf einmal was auf. Ich erschrecke mich kurz, weil es so riesig ist, aber als ich es erkenne und es mir ausweicht, komme ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Die Zeit steht still. Unmittelbar über mir ein Andenkondor. 3 Sekunden kommen mir vor wie eine Ewigkeit. Er fliegt nur einen Meter üner mich hinweg. Die schwarzen Federn glänzen, das weiße Haupt schillert in der Sonne. Ich denke nicht mal dran, das Handy zu zücken. Dieser Moment ist nur für mich und meine Erinnerung. Ein Augenblick, den ich nie wieder vergessen werde. Mein Herz rast und die Tränen steigen mir in die Augen. Ist das gerade wirklich passiert? Ich brauche irgendwem, dem ich es erzählen kann, also hole ich mein Handy heraus und quatsche in die Kamera. Ich brauche noch locker eine halbe Stunde bis der Adrenalinspiegel in meinem Blut gesunken ist und ich das Erlebte verarbeitet habe. Das Glück ist definitiv auf meiner Seite. Jetzt gehe ich aber wirklich wieder nach unten. Und nach unten heißt in diesem Fall ziemlich weit nach unten, um in den nächsten Sektor zu gelangen. Die Sonne knallt mittlerweile ordentlich. Ich soll ja nicht die Treppen nehmen, sondern die Serpentinen neben dran, wurde mir gesagt. Als ich oben an den Treppen stehe, verstehe ich wieso. Sie gehen fast senkrecht nach unten. Im Bauch kribbelt es ordentlich als ich nach unten schaue, also geht es ganz freiwillig die Serpentinen nach unten. Ich bin im Sektor Llama angekommen. Ich gehe direkt noch weiter zu einem Aussichtspunkt, auf dem man erst wirklich wahrnimmt, wieso er so heißt. Auf dem heutigen Foto des Tages könnt ihr es sehen, die Lamaterassen. Und wieder frage ich mich, wie zum Teufel? Leider gibt es auf dem gesamten Gelände, nicht eine Info-Tafel. Ich lege meine 2. Pause ein, da ich mittlerweile bestimmt schon 1000 Treppen Stufen und auch Höhenmeter gemacht habe und da es mittlerweile viel zu heiß ist, muss auch das T-Shirt weichen. Alles kein Problem, da ich heute hier die einzige Besucherin bin. Als ich es in der Sonne nicht mehr aushalte, wage ich mich wieder an den Aufstieg und nehme den letzten der 4 Hauptsektoren in Angriff. Vom tiefsten geht es zum höchsten Punkt. In Ushnu angekommen genieße ich mal wieder die Aussicht, diesmal auf einen Großteil des Geländes und beginne dann mit meinem alternativen Rückweg. Dieser führt mich an noch weiteren Sektoren vorbei, Pikiwasi und wie sie nicht alle hießen. Der Weg ist deutlich schöner, enger und bietet auch unglaublich tolle Ausblicke. Ich finde mein drittes 4-blätrriges Kleeblatt denn alle guten Dinge sind ja schließlich 3 und komme nach 1 Stunde wieder auf den Hauptwanderweg. Den Weg zurück kenne ich ja bereits. Wieder an den 2 Wasserfällen vorbei, absteigen um direkt wieder steil aufzusteigen und diesmal mit der eigenen Energie kämpfen. Nach 8 Stunden auf den Beinen mit so vielen Höhenmetern, ist man dann doch froh, irgendwann wieder anzukommen. Der Raps verrät mir, dass ich bald am Dörfchen bin und ein kurzer Blick in die Disteln zeigt mir den gleichen Kolibri wie heute Morgen. Erschöpft lasse ich mich aufs Bett fallen und fange an, den Artikel zu schreiben, dass er dann auch in den 5 Minuten, in denen es WLAN gibt, online gehen kann. Die Hausherrin verscheucht währenddessen mit der Zwille die Pferde. Gleich gibt es auch schon Abendessen und dann geht’s auch bald ins Bettchen. Sobald die Sonne untergegangen ist, kann man hier eh nicht viel mehr anstellen.