
Als ich aufwache, schüttet es wie aus Eimern. Gestern habe ich mich ja für heute zum Klettern verabredet und so dachte ich, dass das Ganze wortwörtlich ins Wasser fällt, denn an einem nassen Fels klettert es sich sehr bescheiden. Mir wurde aber versichert, dass es einen Ort gibt, der mit Sicherheit trocken ist. Also schnell in die Regenjacke, Kletterschuhe einpacken, die schon viel zu lange in der Ecke lagen und los geht’s. Es regnet immer noch, ich bin sehr skeptisch. Vom Auto müssen wir nur 10 Minuten “wandern” und wir stehen vor einer 200 Meter hohen Basaltwand. Neben uns der Fluss der sich durch Baños schlängelt. Was allerdings fehlt, ist der Regen. Ich kann’s nicht fassen, auch der Fels ist komplett trocken. In meinem Kopf habe ich alles vergessen, sobald ich aber das Seil in der Hand habe, machen meine Hände die Knoten von ganz allein. Ich bin überrascht. Es ist viel zu lange her. Meine gesamte Schulter- und Armkraft ist verschwunden. Was mir aber geblieben ist, ist meine Technik und die Freunde am Klettern. Ich bin so fokussiert und gleichzeitig entspannt. Es ist fast wie meditieren. Unten rauscht der Fluss und Diego ruft mir von unten Tipps in Spanisch zu. Er kann zwar Englisch sprechen, aber meint, das mein Spanisch schon so gut ist, dass er es gar nicht einsieht Englisch mit mir zu reden. Wir klettern abwechselnd und machen eine Teepause, aber bereits nach 4 Routen machen meine Unterarme zu. Ich kann die einfachsten Sachen nicht mehr Klettern und fange an lustige Sachen mit meinen Beinen anzustellen. Lachend über mich selbst falle ich mehrfach ins Seil und muss aufgeben. Spaß hat es trotzdem gemacht. Ich vermisse es schon sehr. Wir fahren zurück in die Stadt und es schüttet immer noch wie aus Eimern. Ich überlege, was ich bei diesem Wetter anstellen kann. Erstmal Mittagessen. Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich meine, hallo? Ich bin in Baños de Agua Santa, natürlich gehe ich in die Therme. Heute in meine Lieblingstherme, in der ich als erstes war. Sie hat zwar keinen Wasserfall und keinen Blick auf die Stadt, aber dafür viel weniger Leute und ein viel heißeres überdachtes Becken, was sich ja anbietet bei dem heutigen Regen, sodass das Wasser nicht auskühlt. Ich bin von allen Seiten von grünen Hügeln umgeben und plötzlich ist es laut, ein Felssturz. Kurze Aufregung und dann sind aber auch alle direkt wieder tiefenentspannt. Nach 3 Stunden Wechsel zwischen 42°C und 6°C ist meine Haut so verschrumpelt, dass ich nur noch die Sedimente von mir abdusche, die sich schon an mir abgelagert haben und dann geht’s nur noch in die Unterkunft. Es regnet übrigens immer noch. Ich kann es gar nicht fassen, dass ich heute bei diesem Wetter klettern war.