Hoch hinaus

Nachdem ein wenig Zeit in den Bananenplantagen vergangen war, konnte ich die letzte Nacht genießen. Ich vergaß die wilden Tiere und Drogenkartelle so gut, dass ich sogar die erste Nacht mit offener Kofferraumklappe schlief, da es super angenehme Temperaturen hatte und ich den Sternenhimmel und die Geräuschkulisse genoss. Heute morgen ging es dann in aller Frühe weg, da ich natürlich keinen bei der Arbeit belästigen wollte. Ich fuhr zunächst auf 1500 hm, um direkt wieder auf einer einspurigen Schotterpiste super enge Serpentinen herunterzufahren. Der Kurvenradius hat gerade so für mein Auto gereicht. Google Maps funktioniert hier mal wieder nicht. Es gibt viel zu viele Feldwege, die mein Handy nicht kennt. Aber ich Frage mich durch, denn jeden Kilometer steht eine Hütte. Nach 2 Flussdurchquerungen komme ich mit dem Auto nicht mehr weiter. Eine alte Dame erklärt mir den Weg und ich darf mein Auto auf ihrem Grundstück, umgeben von unzähligen frei laufenden Hühnern, stehen lassen. Nicht weit und Truthahn macht mich von der Seite an. Ich Frage mich wirklich, wie diese Tiere überleben, wenn sie den ganzen lieben langen Tag “Gubbel-gubbeln”. Ab dem ersten Meter sehe ich, dass der Weg normalerweise von Pferden genutzt wird. Dementsprechend ausgetrampelt ist er. Gottseidank ist keine Regenzeit, es muss eine Qual sein, hier langzulaufen. Da der Boden trocken ist aber alle Hufbreite eine andere Höhe ist, fällt das Laufen zu Fuß etwas schwer aber die Umgebung entschädigt. Es geht Kreuz und quer durch Bananenplantagen, Zuckerrohrfelder und vorbei an Cacao-Plantagen. Mitten durch. Die Augen immer auf den viel zu schmalen Trampelpfad, der nicht immer ganz eindeutig ist. Der Weg ist so ausgetreten, dass er an der tiefsten Stelle 2 m unter dem normalen Grund ist. Wie angekündigt, komme ich an einer Hütte an. Die Leute erklären mir den weiteren Weg wenn auch extrem schnell und ich bin überrascht, dass ich alles verstehe. Ich bin also schon Profi in Wegbeschreibungen auf Spanisch. Als ich weiter gehe, stehe ich plötzlich vor einem extrem gut gesicherten Tor aus Planken und Stacheldraht. Ich überlege, ob es wirklich gewollt ist, dass ich hier langgehe. Ich drehe lieber nochmal um und vergewissere mich. “Jaja, kriech einfach drunter durch!”. Ich schwinge meine Rucksack drüber und suche mir die mit 30 cm höchste Stelle. Elegant wie eine Katze quetsche ich mich hindurch und bin saudreckig. Jetzt ist es wirklich nicht mehr weit bis mich die Hunde anknurren. Ich warte brav bis jemand kommt und Frage, ob ich zu dem Wasserfall kann. Natürlich! Ich werde über das Gelänge geführt, was eine eigene kleine Wanderung mit vielen Höhenmetern für sich sein könnte. Durch die private Bananen- und Cacao-Plantage und dann unterbreche ich die Arbeit vom Vater, der gerade dabei hilft, dass das Haus endlich mit Strom versorgt wird. Die Gemeinde zahlt dafür. Nun führt mich der Vater weiter und gibt mir eine Tour. Stolz zeigt er mir das Gästehaus, mit BBQ-Bereich, Aussichtspunkt und Schlafmöglichkeiten. Ich glaube ich bin im Paradies gelandet. Auch über all seine Pflanzen zum Essen und Blumen, weiß er genau Bescheid und teilt sein Wissen mit mir. Ich muss mich sputen, dass ich hinter ihm herkomme, als er von Stein zu Stein hüpft, als wir am Fluss ankommen. Er zeigt mir, wo ich baden kann und den Wasserfall Cascada de Vergel. Der Fluss hat ganz viele natürliche Pools geformt. Ich suche mir den schönsten aus und werde allein gelassen. Was für eine Abkühlung. Zum Frühstück gibt es eine Papaya, die ich auf dem Herweg gefunden habe und die den perfekten Reifegrad hat. Das Foto das Tages zeigt genau den Pool, den ich mir ausgesucht habe. Der Rückweg wird zur Torture. Es geht extrem steil bergauf und ich merke erst gegen Ende, dass ich aus Versehen einen anderen Trampelpfad genommen habe. Im Auto werde ich dadurch, dass ich klitschnass geschwitzt bin durch den Fahrwind gut herunter gekühlt. Ich fahre nur bergauf. In Guaranda entdecke ich einen beschäftigten Markt und beschließe Halt zu machen. Erstmal gibt Obst und Gemüse zum Spotpreis, Nudeln, Haferflocken und ein neues Taschenmesser. Dann entdecke ich auch noch ein paar Stände, wo Mittag gegessen wird. Es ist immer eine ziemliche Herausforderung wenn man fremd ist und nicht weiß, was es gibt und wie das Prozedere ist. Denn heute habe ich nur einen Tisch mit essen gesehen und einen an dem schon 3 Frauen und 3 Kinder saßen. Ich frage also etwas blöd, was es gibt und wie es funktioniert. Ich darf mich noch mit an den Tisch quetschen, bekomme eine Hühnersuppe und als Hauptspeise Bohnen mit Reis, Rote-Bete-Salat, meine erste rote Bete in Südamerika, unfassbar, und Chuleta, was eine Scheibe Rückenfleisch vom Schwein ist, wenn ich es richtig verstanden habe. Dazu gab es selbstgemachten Heidelbeersaft, super lecker. Voll gefuttert ging es dann immer weiter und weiter nach oben. Ich wollte meiner Anzeige im Auto nicht glauben. Hör auf immer weiter anzusteigen. Ich darf nicht so weit oben schlafen. Ich bin bei 100 hm gestartet, sollte also maximal bis 3000 rauf. Aber das ist schon die oberste Grenze. Naja, was soll ich machen, wenn zwischen Straße und Natur eine riesen Bordsteinkante ist, die ich nicht überwinden kann und so keinen Schlafplatz finden kann. Wen ich aber finde hier oben sind meine liebsten Vicuñas, die ich seit Argentinien sehr vermisst habe, haufenweise. Als ich am Nationalpark-Eingang Chimborazo ankomme, darf ich eigentlich nicht mehr rein, da es schon zu spät ist, aber hinter dem Tor, immer noch sehr stürmisch, ist es deutlich “windstiller” als auf dem Parkplatz vorher. Das Nationalparks Bild weißt mich nochmal darauf hin, wie hoch ich bin und so sitze ich nun windumtost in der Sonne bei 4386 Höhenmetern im abgeschlossenen Park und trinke fleißig literweise Coca-Tee, um nicht höhenkrank zu werden.

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