
Nach einer erstaunlich warmen Nacht in 3900 Metern Höhe machten wir uns noch vor halb acht auf den Weg zur Laguna 69. Der Weg führte zunächst durch ein Tal, durch das sich ein Fluss entlang schlängelte. Während wir uns schon gemächlich nach oben kämpften, fraßen die Kühe ganz entspannt ihre Frühstücksration Rasen. Selbst als es dann steil bergauf ging, bekamen wir immer wieder kuhlichen Besuch. Da mir das Wandern heute extrem schwer viel und ich immer noch erkältet bin, habe ich schweren Herzens beschlossen, nun eine Woche die Füße still zu halten und nicht weiter wandern zu gehen. Die Wanderung heute habe ich aber natürlich beendet. Wir treffen noch genau eine Truppe mit anderen Wanderern, die wohl schon um 5 los gewandert sind, um den Touristenmassen, die da bald kommen werden, aus dem Weg zu gehen. Nach 3 Stunden kommen wir endlich oben an und genossen die Aussicht auf den knallblauen See. Umso länger wir hier verweilten, umso voller wurde der Wasserfall, welcher sich direkt in Blickrichtung befand und jede Menge Schmelzwasser vom darüber feindlichen Gletscher transportierte. Als wir uns dann auf den Rückweg machten, begannen wir den Besuchermassen entgegen zu laufen und jeder zweite fragte uns, wie lange es noch bis zum Ziel sei. Nach hunderten von Leuten, waren wir dann endlich froh, als wir wieder einen freien weg hatten und unsere Ruhe genießen konnten. Auch der Wasserfall unterhalb des Sees war nun deutlich voller als am Morgen. Die Sonne leistete also gute Arbeit. Beim Auto angekommen, sollen wir unser Ticket zeigen, was wir selbstverständlich nicht haben. Wir werden ermahnt und das war’s. Wir fahren wieder die gesamte Strecke, die wir gestern nach oben gefahren sind herunter und dann verabschieden wir uns. Saulo hat entschieden doch noch ein paar Gipfel von Huaraz aus zu besteigen. Also geht es für mich doch wieder allein weiter. Ich brauche nicht lange auf der Ruta 3N zu fahren und die Straße führt mich in eine Schlucht, den Cañon del Pato. Zunächst steht ein riesengroßes Schild mit einer Warnung da und dann ein Schild, dass man hupen soll. Die Straße ist nur eine Fahrspur breit und wechselt zwischen Asphalt mit extrem tiefen Schlaglöchern und Schotterpiste. Als dann die ersten Autos um die Ecke kommen, begreife ich, warum man hupen soll. Als ich durch einen einspurigen Tunnel fahren muss, veranstalte ich aber sowas von ein Hupkonzert, dass mich auch die nächsten 50 Tunnel weiter jeder hörem kann und vorsichtig fährt. Die Straße ist trotzdem der Hammer. Es ist mit Abstand die abenteuerlichste und schönste Straße, die ich bisher gefahren bin. Aus diesem Grund, gibt es heute mal wieder 2 Fotos des Tages. Nach 2 Stunden auf dieser Straße muss ich mich dann wieder ein paar Serpentinen hichquälen. Wieder ist die Straße nur eine Fahrspur breit und von Schlaglöchern nur so gezeichnet. Wenn man ehrlich ist, besteht die Straße aus mehr Schlagloch, als aus Asphalt. Ich bin das erste Mal etwas nervös. Das kenne ich von mir beim Autofahren nicht. Aber ich kann meinen Blick nicht 1 Sekunde lang abwenden, dann spielt sich in meinem inneren Auge eine Geschichte ab, dass ich den Hang herunter falle, der manchmal nur 2 cm entfernt ist. Ich muss der bröckeligen Straße vertrauen. Wenn sie die LKWs trägt, so wird sie auch mich tragen. Ich denke die neue “gefährlichste Straße der Welt” ist nun nicht mehr in Bolivien, sondern exakt hier. Und dann in der nächsten Kurve ist die Straße nur noch Sand. Die Serpentine nach oben. Ich habe kein Allrad drin und keine Zeit oder Kraft es in diesen Gegebenheiten zu wechseln, also stürze ich mich rein. Ich schwimme etwas umher, gleite Richtung Abgrund, lenke ein und bin gottseidank die Serpentine hochgekommen. Zeit zum Hände über dem Kopf zusammenschlagen bleibt nicht. Aber es ist langsam Zeit irgendwo anzukommen, also noch kurz konzentr und dann bin ich bei der Laguna turquesa nahe La Pampa. Ich hoffe einfach, dass das kein schlechtes Omen ist. Ich genieße den ruhigen Abend hier oben in den Bergen. Heute ist Vollmond und er ist so hell, dass er mich blendet. Ich kann erkennen, wo mein Wasser in der Flasche steht. Ich kann hier draußen alles ohne Licht erledigen. Ich habe einen so klaren Schatten, als würde die Sonne scheinen und zum allerersten Mal kann ich entspannt draußen sitzen, nachdem die Sonne untergegangen ist, ohne fest zu frieren. Ich bleibe also noch etwas sitzen, genieße die Ruhe und träume schon mal vom morgigen Tag.
