
Als ich den Sonnenaufgang heute gesehen habe, bin ich extra noch etwas länger im Bett liegen geblieben, da ich vermutet habe, dass es noch Minusgrade sind. Als ich mich dann endlich heraus getraut habe und nachdem ich meine tägliche Morgenhygiene vollzogen hatte, hoffte ich, dass mein Biest anspringen wird. Leider nein. Ein kurzer Blick auf die Temperaturen und es waren erst 5°C. Somit hatte ich Zeit, das Chaos von gestern Nachmittag vom Reifenwechsel zu beseitigen, das Auto etwas aufzuräumen und zu frühstücken. Ich ließ mir eine Stunde Zeit. Und dann nach etwas langem Stottern lief der Motor. Halleluja! Ich fahre kurz in die nächste Stadt, Challapata, hebe dort Bargeld ab und komme schon an meinem Foto des Tages vorbei. Alles läuft wie geschmiert, denn ich sehe sogar einer Waschanlage. Vor mir ist ein anderes Auto dran und ich kann schon mal beobachten, wie das Ganze hier läuft. Erstmal fährt man auf eine Rampe, damit das Äußere und der Unterboden gründlich gereinigt werden können. Im Grunde läuft das wie in einer Waschanlage, wie wir sie aus Deutschland kennen, nur eben, dass sich 2 Männer darum kümmern. Und das sogar mit Schaumbehandlung. Die Fußmatten werden im gleichen Augenblick gesäubert und zum Trocknen aufgehangen. Dann fährt man von der Rampe herunter und nun kommt was völlig Neues für ein deutsches Auge, jetzt ist der Innenraum dran. Mit Druckluft wird zunächst der grobe Staub davon geblasen, dann wird der Rest mit einem Industriestaubsauger entfernt. Nun werden die Türen und Rahmen noch mit Wasser gesäubert, gleiches gilt natürlich auch für den Kofferraum und nach einer Stunde Arbeit ist es getan. Alles ist blitzblank. Als ich sehe, wie sie sich um mein Biest kümmern, bekomme ich Gänsehaut. So sehr sind wir schon zusammen gewachsen. Gänsehaut, als würde mich jemand streicheln. Ist das abgefahren. Das Auto ist jetzt vermutlich um einige Kilo Salz leichter. Ich konnte richtig beobachten, wie es in Brocken vom Auto gefallen ist. Wie so üblich, hatte ich mich vorher bei den Einheimischen nach dem wahren Preis erkundigt und wollte definitiv Trinkgeld geben. Nachdem ich aber einen höheren Touristenpreis bekommen habe, was immer noch nur 5 € waren, habe ich es mit dem Trinkgeld gelassen. Als nächstes stand dann Tanken auf dem Plan und wie auch immer habe ich es geschafft, mein ganzes Bargeld hier loszuwerden. Ein paar Münzen habe ich noch gefunden, um die Maut bis nach Oruro zu bezahlen. Glück gehabt. In Oruro war also der erste Weg wieder zum Geldautomaten und dann ging es steil bergauf. Im Verkehrschaos einer südamerikanischen Stadt mit ordentlich Steigung und dann auch noch Serpentinen, die mein Wendekreis nicht schafft. Die Hälfte der Straßen ist gesperrt, da gebaut wird, aber davon weiß Google Maps nichts. Irgendwie habe ich es trotzdem geschafft, Ruhe zu bewahren und als es mir zu steil wurde, habe ich das Auto einfach geparkt und bin den Rest zu Fuß die Treppen nach oben gestiegen. Wovon ich überhaupt rede? Ich bin beim Aussichtspunkt über Oruro angekommen. Hier fährt eine Gondel hoch, die ich allerdings nicht genommen habe. Außerdem steht hier eine riesige Statue, das “Monumento a la Virgen del Socavón”. Ich schnaufe nicht schlecht, als ich oben angekommen bin, aber der Ausblick ist der Hammer und entschädigt wie immer für alles. Ein buntes Häusermeer und in der Ferne die Fläche Hochebene. Das Beste daran ist allerdings, dass ich mein Auto in weiser Voraussicht so geparkt habe, dass ich es von oben gut sehen kann. So kann ich den Ausblick länger genießen und muss keine Angst haben, dass sich irgendwer an meinem Biest zu schaffen macht. Auf dem Weg nach unten komme ich an einigen Läden vorbei. Sie sind geöffnet, haben aber nur eine Luke zum Hereinschauen. Man muss also sagen, was man will und bekommt es gereicht. Ich schaue durch das offene Fenster, sehe aber keinen Menschen. Ich rufe ein paar Mal “Hola”, aber nichts. Ich bin auf der Suche nach Zahnpasta. Ich komme an einer Eisdiele vorbei und esse das billigste und schlechteste Eis, was ich je hatte. Sowohl Zitrone als auch Maracuja haben beide nach Kinderkaugummi geschmeckt, einfach nur süß und künstlich, naja, erfrischt hat es mich trotzdem. Im nächsten Lädchen finde ich eine Klingel und diesmal kommt tatsächlich jemand, aber es gibt keine Zahnpasta. Ich werde auf ein Quarter weiter verwiesen. Hier ist ein Markt. Okay, ich finde einen Stand mit Hygieneartikeln. Davor sitzt eine Omi. Ich gehe auf sie zu und frage, ob sie Zahnpasta hat. Entweder ignoriert sie mich oder hört mich nicht oder schläft sie doch? Noch einmal ganz laut “Hola!”. Sie schaut mich an, als hätte sie noch nie einen blonden Menschen gesehen und winkt ab. Ich komme mir irgendwie bescheuert vor. Ist hier irgendwo eine versteckte Kamera? Sie versteht meine Frage nicht, die zuvor alle verstanden haben. Gottseidank kommen 2 jüngere Menschen vorbei, die meinen, dass es an der Ecke dort drüben Zahnpasta gibt, also gehe ich mit ihnen dahin, aber der Stand ist geschlossen. Mir reicht’s, ich steige ins Auto und fahre los. Ich halte noch genau an einem Geschäft an und gottseidank, die junge Dame versteht mich und hat die heiß ersehnte Zahnpasta. Wer hätte gedacht, dass es so schwer sein kann, sowas einfaches zu besorgen. Jetzt steige ich nur noch ins Auto und fahre Richtung La Paz bis kurz vor Sonnenuntergang. Ich verzichte darauf die Pilze von den Frauen zu kaufen, die Ware an den Mautkassen anbieten. Aber ich bestaune voller Begeisterung ihre Outfits. Egal ob als Schäferin, am Straßenrand Saft verkaufend oder die Kinder von der Schule abholend, die Frauen haben hier stets Hüte auf, meist geflochtene Zöpfe, tragen Rock und wenn sie etwas zu transportieren haben, dann in einem bunt gemustertem Tuch auf dem Rücken. Ich hoffe, ich kann die nächsten Tage jemanden überzeugen, dass ich ein Foto schießen darf. Ansonsten war die Ruta 1 heute eher unspektakulär, aber ich habe ja auch so genug erlebt.