
Erstmal überlegen, wo ich heute aufgewacht bin. Heute ist so viel passiert. Ich bin ziemlich froh, mittlerweile das Foto des Tages als Tagebuch zu verwenden, sonst würden so viele Eindrücke in Vergessenheit geraten. Ich habe heute einen neuen Frühaufsteher-Rekord hingelegt. Bereits 6:45 war ich unterwegs. Ich fahre nicht lange und schon sammle ich die erste Person ein, die den Daumen heraushält. Halt, es sind 2. Aber ich habe nur einen freien Platz. Kein Problem Marie und ihre Mutter quetschen sich zu zweit auf den Beifahrersitz und wir fahren weiter. Sie müssen zur Arbeit, die wie in Deutschland auch 8 Stunden dauert. Sie sind beide Straßenarbeiterinnen. Wir unterhalten uns wieder super und am Ende wird “Tschüss, Mama!” zu mir gesagt, da die Mutter von ihr, dessen Namen ich leider vergessen habe, auch Patricia heißt. Als sie mich fragen, wie viel ich haben möchte, bin ich kurz verwirrt und sage natürlich gar nichts. Der Weg führt mich weiter durch die bunten Berge. Überall stehen einzelne verlassene Steinhütten. Von vielen Straßenschildern werde ich hingewiesen: “Paso de animales”. Auf den Schildern sind Lamas, Vicuñas und Suris (Laufvögel) abgebildet. Und tatsächlich sehe ich die nächsten 100km extrem viele davon bzw. gibt es in keinem Augenblick, in dem ich nichts zu Gesicht bekomme in diesem Gebiet. Wow, ich fühle mich wie im Paradies und das, obwohl die Flora hier gar nicht üppig ist, eher steppenähnlich, gefolgt von Sanddünen und im Hintergrund schließen sich die Berge an. Langsam wird der Boden immer salziger und plötzlich bin ich in Uyuni. Ich irre etwas auf den unbefestigten staubigen Straßen der Stadt umher, in der Hoffnung ein Schild zu finden, das mir den Weg in die Salar weißt. Als ich am anderen Ende angekommen bin, frage ich mich durch und stehe plötzlich mitten in der größten Salzwüste der Welt. Ohne einen Parkeingang oder sonstiges. Ohne einen Pfennig dafür zu bezahlen. Da es relativ gefährlich ist, auf eigene Faust hier zu sein, hänge ich mich direkt an ein anderes Fahrzeug hinten dran, das gerade an mir vorbeigefahren ist und ziemlich zielstrebig irgendwohin zu fahren scheint. Wir kommen zu einem Punkt, wo ein Zeichen “Bolivien” aufgestellt ist und ein paar Salzhügel aufgeschichtet sind. Die anderen Touristen machen davor Fotos, ich jedoch interessiere mich viel mehr für die beiden Bolivianer, die an einem Wasserbecken ihre Beine ins Wasser halten. Ich frage, ob es warm ist, da es blubbert. Der Mann meint, es sei heiß und lacht dabei. Nach einer kurzen Probe merke ich, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Die Frau erklärt mir, dass sie Schmerzen in den Beinen hat und das Wasser die Durchblutung fördert und so den Schmerz lindert. Ich setzte mich kurz dazu, versuche den Schwefel-Geruch nach faulen Eiern, der mir entgegen strömt zu ignorieren und bekomme eine ordentliche Salzkruste auf meiner Haut. Der Guide, dem ich zuvor gefolgt bin, erklärt mir voller Freude, wo ich als nächstes hinfahren kann. Ich komme an einem Denkmal mit extrem vielen Flaggen und einem Hotel an. Hm, war es das? Cedric, ein Fahrradreisender aus Frankreich, will gerade an mir vorbeifahren, als ich ihn frage, ob er eine Idee hat, was wir hier noch so machen können. Eine Cola später schwingen wir sein Rad auf mein Dach und navigieren uns gemeinsam durch die Salzwüste. An der Isla Inca Huasi angekommen, entdecken wir andere Reisetruppen, die hier tatsächlich ein riesiges Buffet aufgebaut haben und auf Stühlen mit Stuhlhussen sitzen. Unglaublich, aber wahr. Mitten in der größten Salzwüste der Welt hat man scheinbar keine anderen Probleme. Wir setzen uns kurz an den unwirklichen Ort, einer kleinen Insel aus Stein mit Kakteen bewachsen inmitten 10.582 km² flachen Salzbodens. Da Cedric von Nord nach Süd unterwegs ist und ich in umgekehrter Richtung, erklärt er mir noch den Weg zurück, da man sich hier sehr leicht verirren kann, da alles eine weiße Ebene ist und Entfernungen absolut falsch eingeschätzt werden. Immer den Vulkan vor Augen fahre ich nun wieder auswärts, beschließe aber die Nacht in der Salar zu bleiben. Ich hole den Campingstuhl heraus und mache absolut nichts. Es ist extrem ruhig hier. Nur wenn ich über das Salz laufe, hört es sich an, als würde ich auf Glasscherben gehen. Der Sonnenuntergang ist besonders. Der Himmel verwandelt sich in eine Art Regenbogen. Meine Kamera kann es leider nicht aufnehmen. Sowie die Sonne weg ist, wird es kalt und ich krabbel in mein Bett. Ich bin gespannt, wie kalt es in der Nacht noch wird…