
Wenn ich schon nicht beim Emmenrausch dabei sein kann, habe ich heute beschlossen wenigstens in Afrika Motorrad zu fahren. Direkt nach dem Frühstück wurden also erstmal meine Fähigkeiten bei einer Probefahrt geprüft und direkt zu Anfang kam ich mir veralbert vor. Wo sind die Gänge? Will man hochschalten muss man den Schalthebel nach unten betätigen, will man herunterschalten, nach oben. Wenn man es Jahre lang anders gemacht hat, ist es wirklich schwer das in seinem Kopf umzuprogrammieren, dazu noch Linksverkehr. Und dazu noch der Verkehr einer afrikanischen Stadt. Anfangs etwas überfordert, aber mit Ruhe funktioniert das alles. William, der Portier des Hostels und Besitzer des Motorrads sitzt hinten drauf und erklärt mir alles mit einer Gelassenheit, die bestrebenswert ist. Zurück im Hostel, kommt auch schon Zulufa um die Ecke. Wir schnappen also unsere sieben Sachen und es geht los. Sie ist erstmal sehr misstrauisch, da Frauen in Uganda kein Motorrad fahren. Es gilt als Männersache, da es so gefährlich ist. Sie setzt sich trotzdem hinter mich und wir können losfahren. Erst ein bisschen wackelig aber mit jeder Sekunde wird es besser. Wir können heute maximal 40km/h fahren, was sich aber bereits wie 100 anfühlt. Die Straßen sind so kaputt und wir haben ja auch keine Helme auf. Es ist also extreme Aufmerksamkeit gefragt, auch wenn ich gut abgelenkt werde. “Mzungu!”, kommt es aus jeder Ecke von den Kindern. Aber nun gaffen eigentlich alle. Die Boda Boda-Fahrer freuen sich und winken immer und rufen mir zu “Hey Boda Boda!”. Wir werden von der Straße ordentlich eingestaubt. Ab und zu stehen ein paar Kinder oder auch Erwachsene auf der Straße mit einem gebastelten Seil aus Pflanzen, das als Schranke dient. Sie verlangen Wegzoll von uns. Mit einer Flasche Wasser geben sie sich zufrieden und wir können weiter. Zu unserer linken werden Bäume angezapft. Ihr Harz wir in Plastikbeutel geleitet. Und dann stehen wir nach einer Stunde Fahrt nilabwärts auch schon vor dem Tor zu den Itanga-Falls. Ein wenig Eintritt und wir dürfen hinein. Das Motorrad wird abgestellt und wir gehen zu Fuß weiter zu den Stromschnellen. Das Wasser ist durch die Kraft weiß gefärbt. Nachdem ich die Quelle besucht habe, ist es unglaublich, dass hier nun so viele Wassermassen entlang fließen. Wir schließen uns einer anderen Truppe Touristen mit Touristenführer an und bekommen dadurch alle versteckten Ecken gezeigt. Hier gibt es außerdem extrem viele Spinnen. In einem Netz hängen manchmal 30-50 Spinnen. Wir müssen also genau hinschauen, wo wir hin laufen. Die Stromschnellen beruhigen sich, wir kommen zu einem etwas offenerem Platz. Hier bauen ein paar Männer ein Boot aus Holz, ich bin begeistert und schaue es mir etwas genauer an. Sie meinen, nach 7 Tagen sind sie fertig und das ganz ohne Strom. Ein Bohrer findet per Handbetrieb seinen Weg ins Holz. Super cool zu sehen. Dann ruft uns aber doch das schattige Picknick-Plätzchen. Wir setzen uns, holen unsere Verpflegung heraus, die wir auf dem Weg eingesammelt haben und ziehen uns direkt unsere Bikinis an, denn hier gibt es auch einen kleinen Strand. Im Nil zu baden, kann ich nun behaupten, es einmal gemacht zu haben. Aber weit können wir nicht hinein, die Steömung ist auch wenn deutlich ruhiger, immer noch zu spüren. Zu uns gesellen sich einige Kinder mit 2 Kajaks. Sie beginnen zu trainieren. Ich sage neidisch, dass ich auch schon immer mal lernen wollte, wie man eine Kajak-Rolle macht und der Trainer lädt mich kurzer Hand ein, zu einer Privatstunden. Zuerst ein wenig hin und her paddeln, dann muss ich tanzen im kayak und nach einer kleinen Besprechung, dass das wichtigste sei, unter Wasser keine Panik zu bekommen, wird mein Kajak auch schon umgedreht. Aber einmal unter Wasser verliert man die komplette Orientierung. Panik habe ich nicht, aber Spaß dabei. Auch wenn ich den Dreh heute noch nicht ganz hinaus bekomme, hatte ich nach etlichen Malen meine Nase ordentlich durchgespült und ordentlich gelacht. Nun durften die Kinder wieder rein ins Kajak und ich stärkte mich bevor wir uns von John und den Kindern verabschiedeten und uns wieder aufs Motorrad schwangen. Nun fuhren wir mit ordentlichem Gegenwind einer schwarzen Regenwand entgegen, die sich mit der Zeit immer mehr auflöste aber am Ende die Straße in eine Schlammpiste verwandelte. Nun begann das richtige Abenteuer. Die Finger krallen in den Lenker und versuchen den besten Weg zu finden. Während man oben oder unten in einer Fahrtrinne balanciert, muss man hoffen, dass man nicht weg rutscht und wenn man es dann doch tut, hoffen, dass man nicht im Graben im tiefen Wasser und Schlamm landet oder gar das Motorrad komplett weg rutscht. Zum Erstaunen vieler und auch mir selbst, schlittern wir durch den Matsch und kommen am Ende auch wenn mit Matschschuhen heile aus der ganzen Sache hinaus. Die einzigen Leidtragenden sind meine Hände, die anfingen zu krampfen aber als wir wieder auf etwas trockeneren Straßen waren, konnten sie sich auch schnell wieder entspannen. Da Zulufa in dieser Ecke noch nie war, war sie erstaunt, wie ich uns durch die Straßen navigierte während sie hinter mir Google Maps geöffnet hatte. “Als würdest du dich hier auskennen!”, meinte sie. Der Damm, den wir besichtigen wollten, war leider eingezäunt und versperrt. Nun wollte ich nur noch ein Bild von der neuen Verkehrsbrücke in Jinja haben, also ging es auf die alte, ich schoss mein Foto und auf dem Weg nach unten wurden wir von ein Paar bewaffneten Soldaten angehalten. Sie nahmen unsere Handys in Beschlag. Ich verstand die Situation überhaupt nicht. Ich sollte bitte das Motorrad parken und das Schild da vorne lesen “Keine Videoaufnahmen!, Keine Fotos!” Das hatte ich auf dem Hinweg überlesen. Nun wollten sie mein Handy konfiszieren. Jetzt gingen meine Alarmglocken an. Auch wenn ein bewaffneter Soldat vor mir stand, ließ ich das nicht mit mir machen. Korruption sei Dank, öffnete ich mein Portmonee und beide bekamen 10.000 Schilling, also ungefähr 3 € in die Hand, waren glücklich und ich bekam mein Handy wieder. Nun konnte es aufgeregt weitergehen. Wir kamen bei Zulufa zu Hause an und bekamen nach einer herzlichen Begrüßung direkt einen übervollen Teller zu essen in die Hand gedrückt. Nachdem der zur Hälfte verspeißt war, bekam das Motorrad schnell noch eine Wäsche verpasst und es konnte wieder zurück in die Stadt gehen. Zurück über die Brücke, wo die Soldaten abgegrüßt wurden und zurück ins Hostel, wo sich William freute, sein Motorrad wieder heile in die Hand zu bekommen. Er hatte sich zwischendurch große Sorgen gemacht, da er die Regenwand in unserer Richtung gesehen hatte und mehrfach angerufen. Ende gut alles gut. Nun fragte er Zulufa, ob sie mir nun auch vertrauen würde… 100% kam als Antwort. Die Bezahlung war ein voller Tank und nun spielten wir nur noch etwas Billiard im Hostel bevor ich völlig müde und erschöpft in Bett fiel.