
Nach ein paar faulen Tagen stand heute mal wieder etwas Adrenalin auf dem Plan. Der Morgen begann wieder entspannter, heute brachten mir die Mädels, die hier im Hostel im Restaurant kellnern, das Spiel Nsolo bei. Ich habe ja schon Recht häufig auf Reisen beobachtet, wie Leute auf einem Spielbrett aus Holz, getrocknete Bohnen oder kleine Steine in Mulden hin und her schieben, aber ich habe nie so richtig verstanden, wie es wirklich von statten geht. Mancala ist der Oberbegriff für all diese Spiele, die mit diesem Spielbrett gespielt werden können. Hier in Zambia habe ich nun Nsolo lernen dürfen. Und sogar meine ersten 2 Partien gewonnen, nachdem ich 2 mit Hilfe gespielt habe und die Regeln gelernt habe. “Du musst gut in Mathe sein.” sagten sie und ich musste etwas lächeln. Irgendwann bekam ich dann gute Nachrichten, dass ich endlich mal wieder eine Aktivität machen kann, komplett gratis. Vorher ging es noch Mittagessen, was ein großer Fehler war. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete, aber ich hatte von der Gorge Swing ein anderes Bild im Kopf. Da mein Magen noch voller Büffelgulasch, Nshima und Spinat mit Erdnuss war, probierte ich erstmal die Zipline aus, um mich auch kopflich auf die Gorge Swing vorzubereiten. In den Gurt hineingeschlüpft, bekam ich eine ActionCam in die Hand gedrückt und durfte losrennen und saß mehr oder weniger komfortabel in der Zipline … Meter über dem Zambesi-River. Jetzt wurde das Foto des Tages geschossen. Die Fahrt war entspannt, langsam und gemütlich, sodass ich einfach nur die Aussicht genießen konnte. Nachdem der Schwung weg war, würde ich wieder zurück geholt und ich zog den Gurt einmal anders herum an, um den Flying Fox auszuprobieren, also die Zipline nur eben in Superman-Pose. Gleiches Spiel nur etwas cooler. Für mich aber alles etwas zu langsam. Ich war bereit für die Gorge Swing. Ich bekam 2 andere Gurte angelegt, Handschuhe angezogen, abgeseilt und musste an den Abgrund treten. 3,2,1 und ich machte einen Schritt ins Nichts. Heute wollte ich nicht zu sehr darüber nachdenken und ich fing tatsächlich mit einem Freudenschrei an, der sich aber in Nullkommanichts in einen Angstschrei verwandelte. 70 Meter freier Fall, fast 4 Sekunden, bis das Pendel zuschlug und mich durch die gesamte Schlucht schwang. Jetzt kam ein Rausch der Euphorie und ich hörte mein lautes Lachen den Canyon entlanghallen. Von oben hörte ich noch die anderen lachen und reden: “Das war ein guter Sprung”. Ich hang nun wortwörtlich in den Seilen und baumelte etwas hin und her. Ließ mich richtig hängen und konnte meine Freiheit nicht ganz fassen. Vor mich hin trällernd das Lied, das ich schon den ganzen Tag im Kopf hatte, wechselte ich immer noch singen mit lachen ab. Als ich mich ausgependelt hatte, wurde ich langsam nach unten gelassen und durfte nun wieder hinaufwandern. Wenn der Kopf noch nicht frei genug war, war jetzt Zeit dafür. Ich folgte dem gut sichtbaren Weg nach oben. Die Sonne knallte ordentlich, die Steine heizten zusätzlich und hier und da raschelte es im Gebüsch. War das ein Wildkatze, eine Schlange oder sonst irgendetwas cooles. Ich war aufmerksam. Ein Eichhörnchen sah ich vor mir her flitzen. Ein paar Eidechsen aber die Wildkatzen ließen nur von den Spuren im Sand von sich wissen. Als ich oben ankam, würde ich gefragt, ob ich gerannt bin, dabei hatte ich mir Zeit gelassen, um die Natur in mich aufzusaugen. Mir wurde freudig berichtet, dass auch Thomas Müller hier 2010 die Gorge Swing herunter gesprungen war, als mir klar wurde, dass das schon 15 Jahre her ist. Alle bedankten sich bei mir, dabei müsste ich diejenige sein, die sich bedanken muss. Ich hatte wieder 200 Dollar gespart. Danke an meine Rafting-Freunde, die mir all diese Aktivitäten ermöglichen. Zurück ging es genau mit diesen. Wir mussten wieder ein paar Erledigungen für das Unternehmen anstellen und fuhren in einen etwas abgelegeneren und auch deutlich ärmeren Stadtteil von Livingstone, Maramba. Befestigte Straßen gab es hier keine, dafür aber Müllberge, egal wo man hinschaute. Die Straßen voller Kinder, die sich allein ihre Zeit vertreiben, während die Eltern noch arbeiteten. Eine Gruppe Kleinkinder spielt im Müll, ein anderer Junge hat einen Autoreifen und rollt ihn voller Begeisterung vor sich her. Die meisten sind am Straßenrand und als wir mit unserem Pick-up-Truck durch die Straßen fahren, erwecken wir Aufmerksamkeit und als sie dann noch die weiße Patricia darin sitzen sehen, winken sie freudig. Die Erwachsenen starren mich nur an. Sobald ich ihnen aber ein Lächeln zukommen lasse, lächeln sie auch zurück. Wir steigen aus bei einem Schlosser. Es wird ohne Sichtschutz geschweißt. Die kleinen Jungs die in der Nähe spielen sind mein kleines Highlight hier. Ein Junge hat keine Hose und Unterhose an. Sie tanzen, bewegen ihre Hintern und er hat absolut keine Scham. Er setzt sich in den Dreck auf die Straße macht seinen Po nochmal extra dreckig und zeigt den anderen Jungs voller Stolz seinen Hintern. Ich muss laut auflachen. Zu herzig. Die Leute haben hier nichts und haben doch so viel Spaß. Irgendwann fahren wir weiter und bringen einen Rafting-Kollegen nach Hause. Ich darf in ein Haus hineinschnuppern. Die Ehefrau kocht bereits Abendessen auf ein paar Kohlen vor dem Haus. Ich darf die Toilette benutzen. Und werde etwas überrascht. Ich bin ja nun schon viel gewöhnt. Ich bin in einem 1,5m² großen Raum, überall Beton. Es ist dunkel also schmeiße ich die Taschenlampe meines Handys an. Ich erschrecke etwas, als ich exakt nichts sehe. Kein Loch, keine Neigung im Boden, keine Rinne, einfach nur flacher Betonboden. Das ist selbst für mich zu viel. Ich gehe wieder heraus und dünge Mutter Natur. Ich werde nun nur noch zurück ins Hostel gebracht und bekomme noch spontanen Besuch von Omen, meinem Couchsurfer, als ich die ersten Tage hier in Livingstone angekommen war. Der Tag neigte sich dem Ende zu und als es draußen zu kalt wurde, ging es mit einem Film ins Bettchen.