Noch etwas die Beine vertreten

Ich muss wieder in die Natur, deshalb habe ich mir als heutiges Ziel den Parque Botánico von Jujuy ausgewählt. Da Felix immer noch krank ist, bleibt er im Bett und ich mache mich allein auf die Socken. Erst ein Stück durch die Stadt,  dann über den Rio Grande, bis an die Stadtgrenze, wo der Wald anfängt. Ich betrete das Gelände, werde auf spanisch angequatscht, antworte und werde gefragt, ob ich aus der Provinz Jujuy oder einer anderen in Argentinien komme. Da ich gesehen habe, dass Ausländer mehr bezahlen müssen, meine ich, dass ich aus einer anderen Provinz komme, muss meine Daten angeben und gehe tatsächlich als Argentinierin durch. Ich bin überrascht, dass mein Spanisch scheinbar schon so gut ist, dass man das nicht in Frage stellt. Argentinier sind ja auch gottseidank so bunt gemischt im Aussehen, dass das auch nicht zur Debatte steht, dass ich ja zu deutsch aussehe oder so. Mir wird noch das Gelände erklärt, was ich alles zu Gesicht bekommen könnte, ich bekomme noch ein Bonbon von der lieben Parkrangerin und darf mich auf den Weg machen. Ich fühle mich direkt wie in Ecuador im Regenwald. Die Spinnen sind die gleichen. Sie wachen zwischen den riesigen Bäumen in riesigen Netze aus 3 Dimensionen. Die Spinnen scheinen hier außerdem in Wohngemeinschaften zu leben, da nie eine Spinne allein ein Spinnnetz besetzt. In der Hoffnung möglichst viel Wild zu sehen, bin ich heute ganz leise unterwegs. Ich biege um die Ecke und da steht es vor mir. Das hirschähnliche kleine Corzuela parda. Beide mustern wir uns wie vom Blitz getroffen. Keiner hat mit dem Anderen gerechnet. Als der erste Schrecken vorüber ist, entspannen wir uns, es weiß offensichtlich, dass von mir keine Gefahr ausgeht und geht ganz entspannt weiter. Ich hole meine Handykamera heraus und halte die Begegnung fotografisch fest. Mit jedem Schritt steige ich weiter im Wald herauf. Bereits auf halber Höhe habe ich einen guten Blick über Jujuy, aber es geht noch weiter hinauf. Ich bin sehr begeistert von dem Weg beziehungsweise dem Park. Mülleimer dienen als Hinweistafeln und sind liebevoll mit Wissenswertem beschriftet und auch fast jeder interessant anmutende Baum trägt seinen wissenschaftlichen Namen. Über den kräftigen Baumkronen erblicke ich irgendwann den Aussichtsturm auf den ich natürlich auch noch steige. Es eröffnet sich ein 360° Panorama, 180° Wald, 180° Jujuy mit weiterem Wald im Hintergrund. Der Rio Grande als Lebensader in der Mitte. Es geht ein sehr angenehmes Lüftchen hier oben, weshalb ich beschließe genau hier bei dieser spektakulären Aussicht meine Pause einzulegen. Zwar habe ich nun kein schützendes Blätterdach mehr über mir, aber das bisschen Sonne kann ich auch mal aushalten. Ich möchte gerade meine Pause beenden, da stoßen 3 Kerle aus Buenos Aires zu mir. Wie für Argentinier üblich, hat jeder seine Thermoskanne dabei und ich werde ganz schnell in die Mate-Runde .it eingeschlossen und wir unterhalten uns. Währenddessen fliegen 3 Kondore über uns hinweg, die ich irgendwie nicht erwartet hätte. Ich dachte, wir sind schon wieder viel zu tief, bei der Hitze, die hier herrscht. Nach 4 Runden Mate verabschiede ich mich trotzdem, da ich etwas Angst habe, wieder zu viel Koffein zu mir zu nehmen, welches ich nicht gewohnt bin und mich dann wieder wie besoffen fühle. Also geht es wieder runter. Nach 1 ganzen Stunde Pause, hat sich gefühlt die Natur etwas verändert. Die Schmetterlinge scheinen aus ihrem Schlaf erwacht. Ich entdecke einen 20 cm großen Schwalbenschwanz und die 3. Spezies für mich mit durchsichtigen Flügeln. Die Schmetterlinge sind heute aber alle auf der Flucht, sodass ich kein Foto erhaschen kann. Wer es nicht so eilig hat, ist der Grashüpfer auf dem heutigen Foto des Tages, der sich in aller Seelenruhe hat fotografieren lassen. Auch die Vögel sind jetzt viel aktiver. Sie zwitschern wie wild oder haben sie gar Balzzeit? Mir kommt es fast so vor. Ich gehe auf dem Rückweg aber auch einen abgelegener en Weg, vielleicht haben viele Tiere hier ihren Einstand, weil es ruhiger ist. Irgendwann bin ich, beeindruckt von der wunderschönen Natur, wieder unten angekommen, gehe noch in das dazugehörige kleine Museum hinein und erfahre, dass es den Turm erst seit Ende 2024 gibt, auf dem ich gewesen bin. Ich hatte also richtig Glück, dass ich nicht bereits vor einem Jahr hier war, sonst hätte ich nicht eine so tolle Aussicht genießen können. Ich verlasse das Gelände mit einem befriedigten Gefühl und schlendern während ich mir selbst ein paar Liedchen singe die von der Siesta geprägten leeren Straßen zurück ins Zentrum. Jedes Mal, wenn ich einen Laden finde, der geöffnet hat, gehe ich hinein und schaue, ob ich brauchbares Proviant für die uns bevorstehende Reise finde. Voll bepackt komme ich am Ende mit einem Stück Torte als Überraschung für Felix wieder im Hostel an. Wir wollen nur noch Abendessen gehen bevor wir uns auf den Weg zum Busbahnhof machen. 18:30 in Argentinien muss man erstmal was finden, was schon geöffnet hat und dann auch schon Speisen serviert. Am Ende hatten wir eine super Kompromiss gefunden, da das Restaurant in das wir verwiesen wurden, nur Salat zu dieser Uhrzeit zubereitete und wir uns beide darüber riesig freuten. Genauso riesig wie die Freude waren auch die Salate, also war die Freude noch größer. Gestärkt, holten wir dann unser Gepäck, schleppten es ein letztes Mal im Kartoffelsack zur Bushaltestelle, durften mal wieder kostenlos mit dem Bus bis zum Busbahnhof fahren und scannten ab da die 30 Haltebuchten, da man nie vorher weiß, wo der richtige Bus hält. Als unser Bus nach etwas Warten dann ausgemacht war, wurde das Gepäck verladen und wir konnten in unsere gottseidank bisher bequemsten Sitze fallen, die uns die nächsten 22 Stunden keiner mehr wegnehmen würde.

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