
Kurz vor 4 Uhr wache ich auf, schaue auf mein Handy und tatsächlich sind wir kurz vor unserem Zielort Tupiza, an dem wir um 4 Uhr ankommen sollten. Also wecke ich Felix auf, wir packen unsere Sachen zusammen und steigen in die Kälte dunkle Nacht nach draußen. Das Busbahnhofsgebäude ist abgeschlossen, also müssen wir mit einer Bank an der frischen Luft vorlieb nehmen. Die Stadt ist noch im Tiefschlaf. Weder Hostels, noch Cafés, noch irgendwas anderes hat geöffnet, uns bleibt also nichts anderes übrig als uns irgendwie so die Zeit zu vertreiben. Straßenhunde beobachten, mit der Heimat telefonieren oder einfach nur müde auf der Bank hocken. 4 Stunden schaffen wir es so, dass die Zeit verstreicht. Um 7:30 Uhr machen endlich die ersten Frühstücksgelegenheiten am Bahnhof auf. Sie müssen uns nicht 2 Mal fragen und wir gehen mit unserem gesamten Sack und Pack dort essen. Ein Api, Kaffee, 2 Sandwiches, Bebida de Avena und Bebida de Quinua später sind unsere Körper von innen gewärmt und auch der Energiehaushalt stimmt wieder, dass wir mit einem Spiel uns die weitere Zeit vertreiben können, denn wir haben um 10 Uhr eine Verabredung. Das Mototaxi bringt uns zur Ranch “Lucky Luke” von Eddie. Nach ein wenig Warten kommt dieser auch an und wir legen los. Die Pferde werden gesattelt. Ganz recht, heute machen wir einen Ausritt in die wunderschöne Umgebung von Tupiza, in der schon der ein oder andere Western-Film gedreht wurde. Eddie holt die Pferde raus. Eines ist das größte Pferd, das ich je gesehen habe, es heißt Tango, ist National-Champion im Springreiten und hat einfach nur die Ruhe weg. Da Felix noch keine Erfahrungen hat im Reiten, bekommt er Tango zugewiesen. Ich bekomme Channel, die schon etwas temperamentvoller ist, aber nachdem ich ihr gezeigt habe, dass sie mir vertrauen kann, hört sie auch auf meine Anweisungen wie ein gut trainiert es Hündchen. Wir schwingen uns also in die Sättel und in einer Reihe stolzieren wir in die Natur. Im alten Flusslauf geht es immer Näher zu den roten Felsformationen, die für die Gegend ganz typisch sind. Unser erster Stop ist die Puerta del Diablo, das Teufelstor, eine frei stehende Wand aus rotem Gestein mit einem Portal in der Mitte. Ein wenig sureal. Selbst der riesige Tango sieht hiergegen klitzeklein aus. Wir stellen die Pferde ab und können etwas zu Fuß die Felsen erkunden, wobei das heutige Foto des Tages entsteht. Früher fanden hier Opferungen statt, heute wird im “Ecoparque Encantado” nur noch die Natur geschützt und geschätzt. Nachdem mir Eddie die Geschichte von Tango erzählt hat, muss ich ihm einfach die Geschichte meines Autos erzählen. In gewisser Weise sind sie gleich. Eddie ist ein argentinisches Rassepferd, sollte also von Argentinien nach Bolivien eingeführt werden. Da der Zoll weiß, dass diese Pferde viel wert sind, wurde Tango mit 7 anderen Pferden beschlagnahmt und immer und immer wieder mehr und mehr Dokumente und Geld gefordert. 7 Pferde starben in dieser Zeit, da sie nicht ernährt wurden. Der einzige, der überlebte, war Tango, der von Eddie gerettet, aufgepeppelt und zum Champion heran trainiert wurde. Was für eine Geschichte. Ab jetzt wird Tango von mir dauerhaft gefüttert, auch wenn die Geschichte schon 8 Jahre her ist, aber er ist ja auch ein großer Junge und verbraucht extrem viel Energie. Wir reiten weiter durch das “Valle de los Machos”. Die Felsen sind hier so stark ausgewaschen, dass nur noch einzelne Säulen stehen geblieben sind und die sogenannten “Machos” bildet. Weiter geht’s, einer nach dem anderen, die Augen als Rundumleuchten scannen die wunderschöne Natur dauerhaft und können sich nicht satt sehen. Die Sonne scheint und ich bin froh, mir einen Hut rausgesucht zu haben, sonst hätte ich schon lange einen Sonnenbrand. Felix wollte keinen und wird seine Entscheidung später am Tage noch bereuen. Wir kommen im Cañon del Inca an. Diese Schlucht wurde früher von den Inca genutzt, um auf einem 5-6 Stunden Fußweg zu den Gold- und Silberminen der Gegend zu kommen. Heute wird der Weg nicht mehr genutzt, da er von einigen Felsstürzen versperrt wurde und die Natur nun für Puma und Kondor geschützt wird. Die Minen sind trotzdem noch in Betrieb und heute per Auto und LKW über feste Straßen über eine andere Route erreichbar. Nachdem wir die Gegend hier erkundet haben und die Pferde eine kleine Pause hatten, geht es auf den Rückweg. Die Pferde riechen den Stall und laufen fast von allein den korrekten Weg. Jetzt sind alle hungrig. Unsere Hauptaufgabe ist es nun, die Pferde vom Fressen abzuhalten. Links und rechts des Weges lauern immer wieder gemeine saftig grüne Pflanze, die die Pferde abhalten weiter zu gehen. Felix verliert diesen Wettbewerb. Tango hat entweder zu viel Hunger oder ist einfach zu stark. Nach einem 3-stündigen Ausritt sind wir zurück, kratzen unsere Hintern von den Sätteln und jetzt gibt es auch endlich das heiß ersehnte Futter. Auch für uns, denn wir essen am Busbahnhof unsere Reste vom gestrigen Abend, holen uns noch ein selbstgemachtes Eis vom Straßenstand, währendessen schon ein Bus nach Villazón vorfährt. Ich checke schnell den Preis mit dem des Collectivos ab und da der Bus günstiger ist, bekommen wir die letzten 2 freien Plätze hier und sind schon unterwegs zur bolivianisch-argentinischen Grenze. An der Grenze geht dann alles sehr schnell. Es ist nichts los. Auf der anderen Seite entscheiden wir uns direkt noch einen Bus zu nehmen, der uns nach Jujuy bringt, da er in dem Moment vorfährt, als wir den Busbahnhof erreichen. Raus aus der hässlichen Grenzstadt, schlägt die Natur wieder voll zu. Wir sehen riesige Lamaherden vor bunt gefärbten Felsen. Oder besser gesagt, ich sehe sie, denn Felix versucht seinen Sonnenstich vom heutigen Ausritt zu verschlafen. Irgendwann kommen wir dann an und haben einen kleinen Kulturschock. Dass überall Fußball läuft, war ja klar. Dass es sauber ist ist auch nicht das Problem, aber aufgrund unserer Zeitverschiebung und unserer späten Ankunft essen selbst wir noch eher, als die anderen argentinischen Hostel-Mitbewohner, die halb eins mit dem Abendessen beginnen, als wir in unsere Betten fallen.