
Der Tag heute war schon etwas länger geplant. Was am Ende aber mal wieder daraus wurde, hat mal wieder all meine Erwartungen übertroffen. Geplant war, dass Fernando und ich an den See Kayak fahren. Als wir den Tag gemütlich gestartet hatten, holten wir zunächst meine Schuhe, die wir gestern zum Schuhmacher gebracht hatten, mit neuen Nähten für schlappe 15 Soles (keine 4€) ab. Über die Schotterpiste flogen wir regelrecht zum See Piuray. Schon der erste Schritt aus dem Auto brachte mich in eine ganz andere Welt. Die Luft durftete nach Heimat. Nach Gras, Klee und Raps. Auf dem Grundstück grasten ein paar Schafe und Wilma nahm uns herzlich in Empfang. Auch ihre Enkelin war ganz neugierig mich kennenzulernen und zeigte mir stolz ihre Lego-Figur. Natürlich konnte ich nicht anders, als erstmal mit ihr zu spielen und ihr eine Blumenkette zu basteln. Danach schlenderten wir erstmal vor zum Steg um einen kleinen Überblick zu bekommen und die ersten Momente zu genießen. Kurdo, Fernando’s Hund genoss die Natur in diesem Moment definitiv am meisten, da er über die Wiesen rannte, zum See kam, ein wenig ins Wasser ging und alles direkt noch einmal und nicht nur einmal. Als wir dann so auf dem Steg saßen, hörten wir nicht weit entfernt ein paar Leute sondern und sahen sie dann auch. Unsere Neugier packte uns und wir nahmen die Beine in die Hand, um zu schauen, was da vor sich ging. Direkt nebenan, wurde am See gefeiert. So wie wir es gestern im Kulturzentrum von Cusco vorgeführt bekommen haben, fand es heute in Realität statt. Authentisch und ganz ohne Touristen. Als wir ankamen, gaben wir jedem die Hand und legten die zweite Hand noch oben drauf, um unseren Respekt zu zeigen. Einmal durch die Runde ging es weiter und ich konnte gar nicht so schnell gucken, da hatte mich eine Frau schon bei den Händen gepackt und in die Mitte zum Tanzen gezogen. Ich, die Riesin zwischen vielen winzigen Landsleuten. Die anderen standen drum herum, sangen, spielten Instrumente und schwangen im Rhythmus mit. Ich habe versucht herauszufinden, was ich mit meinen Füßen machen sollte, aber der riesige Rock der Dame hat jegliche Sicht auf ihre Füße verhindert, also habe ich einfach klassisch deutsch etwas steif hin und her getanzt. Anstrengend war es trotzdem irgendwie, aber ich schiebe es einfach mal auf die Höhe. Zum Abschied wurde dann noch das heutige Foto des Tages geschossen, wobei ich einen Hut, Montera genannt und Fernando eine Mütze, Chullo, aufgesetzt bekamen. Danach ging es dann aber wirklich ins Kayak. Fernando wollte nur bis zur Mitte des Sees fahren, aber ich war damit noch nicht so ganz zufrieden und konnte ihn überreden, bis zu einem kleinen Strand an der gegenüberliegenden Seite zu paddeln. Der Wind machte es uns etwas schwer aber wir genossen die Anstrengung beide. Und auch die Aussichten waren genial. Bei bestem Wetter paddelten wir mit dauerhafter Sicht auf den Salcantay über die Wellen. Angekommen, stellte sich der Strand als Kartoffelfeld heraus. Ein paar Leute, die wir schon von weitem gesehen hatten, winkten uns nun heran. “Kommt her und esst was, stärkt euch!” Die Leute vom Land sind einfach klasse. Neugierig fragen sie nach unseren Namen und wo wir herkommen. Als klar ist, dass ich Deutsche bin, sagt der eine: ” Ich suche noch eine deutsche Frau.” Ich antworte nur: “Ich brauche schon jemand jüngeren.”, mit einem Lachen. Seine Antwort darauf: “Ich bin jung, ich habe noch alle Zähne im Mund!” Und alle mussten lachen. Danach haben wir uns dann doch bei den frisch gekochten Kartoffeln, die einen riesigen Haufen auf einem Tuch bildeten, bedient, sie mit den Händen gepellt, das bin ich ja nun mittlerweile auch gewohnt und dann in eine Soße getunkt. Super lecker. Ich habe noch nie so leckere Kartoffeln gegessen. Da es aber gleich auf der anderen Seite Mittagessen geben soll, verabschieden wir uns doch, schießen wieder ein Erinnerungsfoto mit der Truppe und paddeln zurück. Leider hat der Wind gedreht und der erhoffte Rückenwind bleibt aus. Mir gefällt das Gefühl, zu spüren, wie ich wieder stärker werde und deshalb finde ich das Gefühl der Anstrengung nicht mal annähernd so anstrengend wie Fernando und paddel ihm etwas davon. Auf der anderen Seite angekommen, ziehe ich das Kayak aus dem Wasser und springe direkt hinein. Im Wetsuit habe ich mich ordentlich aufgeheizt und kann sogar recht lange im Wasser bleiben, bevor ich zu sehr auskühle bzw. mein Mittagessen zu kalt wird. Also schnell die nassen Sachen aus, in die trockene, warme Kleidung hinein und hoch zum Mittagstisch. Hier sitzen schon Fernando’s Bruder, ein Freund, Wilma und Emanuel. Ein riesiger Teller mit Hähnchen, Kartoffeln, einem Maiskolben und Salat wartet auch schon auf mich. Aus der Konversation am Tisch höre ich hinaus, dass das Grundstück den beiden Landleuten Wilma und Emanuel gehört und Fernando hier seinen Kayak-Business hat und mit den anderen beiden in Zukunft auch Unterkünfte für Touristen hier einbauen will. Das Mittag wird also zur Verhandlung. Als die anderen beiden Männer wieder weg sind, wird es wieder etwas entspannter. Wir holen uns zwei Liegestühle hinaus und prezeln uns in die Sonne. Das Kayaken hat uns doch so fertig gemacht, dass ich mit der Wärme der Sonne und dem Vogelgezwitscher, welches das einzige Geräusch ist, was ich höre, einschlafe. Mit Hunger wache ich auf und kann es nicht wirklich fassen nachdem das Mittag so reichhaltig war, aber die Sonne ist auch schon halb am untergehen. Als Fernando meint, er habe auch schon wieder Hunger, steht fest, dass wir alles zusammen räumen, abschließen und wieder zurück nach Cusco fahren. Auf dem Weg gibt es schon mal ein Brot von den vielen Straßenverkäufern und um dem Feierabendverkehr aus dem Weg zu gehen, gibt es noch einen Milchshake. Da ich morgen wieder mit meinem Autochen durchstarten möchte, wollen wir Biesti schon mal mit zu Fernando nehmen. Der Schlüssel wird gedreht und ich höre ein grauenvolles Geräusch. Das kann doch nicht wahr sein! Fernando möchte alles morgen früh regeln, aber ich kenne Südamerika mittlerweile. Also kann ich ihn überreden, noch jetzt, um 7 Uhr abends einen Mechaniker aufzutreiben. Wie vermutet stimmt etwas mit dem Anlasser nicht. Er ist absolut nicht dort, wo er sein sollte. Problem erkannt! Morgen früh wird es dann gefixt. Gottseidank ist es was simples. Biesti gibt aber auch alles, dass ich auch wirklich die ganze Automechanik nach dieser Reise drauf habe.