Choquequirao-Trek: Tag 4

In der Nacht wache ich auf, weil es ordentlich gewittert. Ich bin in Südamerika und so zwingt mich mein siebter Sinn aus dem Bett. Stirnlampe an, verdammt ich habe es gewusst. Der Boden ist schon eine riesen Pfütze und auch auf das Bett hat es schon ordentlich getropft. Ich packe also alles regendicht ein, schlage die Bettdecken vom anderen Bett drumherum, werfe über mein Bett meine Regenjacke, Stelle meine Schuhe so auf, dass es nicht Hineintropfen kann und schlafe weiter. Das Gewitter aus der Nacht hat mir den ersten klaren Morgen beschert. Die Aussicht ist grandios. Auf den höheren Bergen hat es letzte Nacht geschneit. Nach dem Frühstück gibt es noch eine kleine Lehreinheit, da ich wissen möchte, wie Muña aussieht, wir verabschieden uns und ich bin schon wieder auf dem Rückweg. Den Weg, den ich mich vor 2 Tagen nach oben gequält habe, muss ich heute wieder nach unten. Und heute packe ich es an, was schon so viele versucht haben. Ich will die Serpentinen zählen. Ich denke, dass ich vielleicht so auf 50 kommen werde. Ich gehe es vorsichtshalber in 10er Schritten an. Bis 10 zählen, einen kurzen Vermerk im Handy machen und wieder von null anfangen. So kann ich direkt auch immer eine Mini-Pause einlegen. Als ich bei 80 bin, wird es absurd. Doch es geht noch weiter. Am Ende bin ich 114 Serpentinen gewandert, 92 nach unten und 22 auf der anderen Seite wieder rauf. Bergauf fiel es mir auch deutlich schwerer die Zahl zu behalten. So hatte ich heute die gesamte Wanderung teils laut und auch meist die ganze Zeit in mich herein eine Zahl zwischen 1-10 gesagt. 114, was für eine unglaubliche Anzahl! Ich glaube auch nicht, dass der Weg, durch die Steilheit so schwer ist, sondern durch die Paarung mit der Länge des Abstiegs wird es erst richtig zur Herausforderung. Durch das Zählen, hat mich heute so ziemlich nichts aufgehalten. Ich bestaunen hier und da mal die vielen schönen Quarzsteine, die auf dem Weg liegen und vermesse die riesigen Agaven, die den Hang säumen. Mit meinem Wanderstock, der auf 1,30m eingestellt ist, Stelle ich fest, dass ein Agavenblatt mindestens 1,80m lang ist. Agaven sehe ich hier in allen Größen. Von baby agave bis hin zur 3-5 m im Durchmesser ausgewachsenen Pflanze. Unglaublich riesig. Und sie haben auch fast alle diesen, in die Höhe schießenden Blütenstängel oder eher -stamm. Meine Snackpause mache ich heute auf der Brücke, die sich über den Rio Apurimac spannt. Gottseidank ist die Sonne mal kurz weg, sonst würde ich es hier nicht aushalten. Die Sonne gibt sowieso schon die ganze Zeit alles. Es ist heiß. Regen gab es heute noch nicht einmal. In den vergangenen Tagen war es super wechselhaft. Erst Sonne, dann Regen und dann wieder Sonne. Perfekt zum Wandern und Abkühlen zwischendurch. Heute im Gegensatz dazu erbarmungslose Hitze. Die Steine haben sich so sehr aufgeheizt. Am Ende habe ich keinen Sonnen, sondern einen Steinbrand. Nein, Spaß beiseite, ich hatte heute wirklich Angst einen Hitzschlag zu bekommen und habe deshalb auch regelmäßig mein Kopfband nass gemacht. Zu meiner Überraschung war ich schon 12:15 nach nur 4,5 Stunden an meinem Tagesziel. Ich hätte zeitlich gesehen also locker noch die morgige Wanderung dranhängen können, aber die eiskalte Dusche und mein Plätzchen im Schatten haben dann doch zu laut nach mir gerufen. Und außerdem ist es auch einfach viel zu schön und ruhig hier. Was soll ich heute schon in die große und laute Stadt, wenn ich den gesamten Nachmittag entspannt auf die Schlucht schauen kann und dabei den Papageien beim Quatschen zuhören kann?

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