Balanceakt zwischen Himmel und Hölle

Was ich gestern gar nicht erwähnt habe, dass ich Mileydi und ihre Freundinnen aus dem gleichen Dorf Kennenlernen durfte. Aufgrund einer Einladung zu einer Messe in Panama-City haben sie ihr indigenes Dorf Embera Drua mitten im Dschungel verlassen und übernachten im gleichen Hostel wie ich. Ich lerne ein paar Worte Embera, sie Deutsch, ich bringe ihnen Billiard bei und sie teilen ihr essen mit mir. Am nächsten Morgen, also heute, werde ich von Mileydi traditionell angemalt und wir machen zusammen Harinas zum Frühstück, deren Rezept ich unten verlinkt habe. Wir schließen Freundschaft, sie laden mich in ihr Dorf ein. Blöderweise fliege ich heute zurück nach Kolumbien, was heißt, dass ich nochmal zurückkommen muss. Ich fühle mich geehrt, dass sie unter all den Touristen im Hostel gerade mich ausgewählt haben. Mit einer langen Umarmung verabschieden wir uns bis zu einem Wiedersehen. Von der Nostalgie wird es jetzt etwas Krimineller. Das Taxi zum Flughafen soll 18 Dollar kosten. Das sehe ich nicht so wirklich ein. Für die Metro brauche ich eine Chipkarte. Rund um die Station hat aber heute alles geschlossen, da Sonntag ist und da ich etwas in Zeitnot bin, beschließe ich, über das Drehkreuz der Metro zu springen. Ich fühle mich richtig kriminell, aber irgendwie ist es auch ein kleines Abenteuer. Nach einer Stunde und 2 mal umsteigen bin ich am Flughafen angekommen, noch einmal über die Absperrung springen nicht links und rechts schauen und nach 500m geht der Puls dann auch wieder runter. Geschafft. Am Flughafen läuft wie immer alles wie geschmiert, bis… ich über die Lautsprecher aufgerufen werde. Ich soll nachweisen, dass ich auch wieder aus Kolumbien ausreise, ansonsten nehmen sie mich nicht mit dem Flugzeug mit. Genauer gesagt, wollen sie ein Flugticket. Aber mein Auto steht in Kolumbien, das macht also alles keinen Sinn. Meine Autopapiere reichen nicht aus. Wir können das System nicht austricksen. Also muss ich wieder in meine Trickkiste greifen und gefühlt abermals etwas völlig falsches tun. Ein echtes Flugticket ist viel zu teuer. Ich habe aber gehört, dass es Fake-Tickets geben soll, die bei dem Erlangen eines Visums helfen, man aber nicht den Flug wahrnehmen kann. Genau sowas besorge ich mir. Für kleines Geld, habe ich eine Minute später mein gefälschtes Flugticket und darf dann auch in den Flieger. Muss das alles immer so aufregend sein? Der Flug ist entspannt und auch die Busfahrt zu meinem Hostel in Santa Marta. Zurück in Kolumbien beobachte ich aus dem Bus, wie 3 junge Kerle versuchen in einen Laden einzubrechen. Ab jetzt heißt es also wieder 100 Mal mehr auf meine Sachen aufpassen. Im Hostel zu bleiben bringt aber auch nicht, da ich die Gegend etwas erkunden möchte. An der Hafenkante ist noch reges Treiben, der Strand ist voll. Ich werde das erste Mal in meinem Leben von einem Bauchladenverkäufer nach Marihuana gefragt und muss extrem schmunzeln. Eine Freundin von mir sagt mir später, dass sie hier sogar nach Kokain gefragt wurde. Ich schlender etwas durch die Gassen. Die Straßenkunst ist hier wirklich richtig schön. Ein Grafitti nach dem anderen. Als es dunkel wird, wir es dann doch etwas gruselig. Und dann kommt gottseidank ironischerweise die Kathedrale um die Ecke. Als ich die Musik höre trete ich ein und nehme am Gottesdienst Teil. Ich gehe nicht sehr oft in die Kirche, aber heute ist es ja irgendwie passend, so wie ich gesündigt habe. Nach der Kirche fühlt sich der Weg auch viel sicherer, beschüzter an. Ich finde endlich etwas frisches zu essen, habe einen Plausch mit der Verkäuferin und überall sehe ich nur Kreuze hängen. Irgendwas versucht mir Mutter Erde heute zu sagen. Für heute habe ich genug gesündigt, ich weiß.

Hier geht’s zum Rezept vom heutigen Frühstücksbrot: https://lets-world.de/wordpress/2024/10/07/harina/

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