Panama – Ein Land entzweit, eine Welt vereint

Ein Muss wenn man in Panama ist, der Panama-Kanal. Ich habe mich extra viel belesen und überall habe ich gefunden, dass die Schiffe morgens von 9 – 11 Uhr den Panamakanal kreuzen und Nachmittags von 15 – 17 Uhr. Deshalb ging es zeitig zum Kanal. Als wir dort ankamen und die Zeiten gesehen haben, brach eine kleine Welt für mich zusammen: Schiffe im Kanal heute bis 7:30 und ab 13:30. Es ist gerade 8:30 und das Besucherzentrum erst seit 8 Uhr geöffnet. Ich denke, ich habe jetzt genügend Zeiten aufgeschrieben, aber das musste kurz sein zur besseren Veranschaulichung. Ich bin extrem froh, dass ich die beiden Jungs davon überzeugen konnte, nach dem Ticketkauf, doch nochmal etwas anderes zu machen und die Tickets später einzulösen. Da wir aber recht außerhalb von Panama-City sind, tun wir uns etwas schwer, einen Zeitvertreib zu finden. Nachdem uns ein super netter Mitarbeiter im vesselfinder.com gezeigt hat, wo im Kanal sich die Schiffe zur Zeit befinden, hat er uns auch empfohlen, was wir in der Zwischenzeit machen können. Es geht in die Stadt des Wissens. Wir sind zunächst sehr skeptisch. Wir laufen an einem riesigen Zaun entlang bis wir endlich auf das Campus-ähnliche Gelände kommen. Wir entdecken eine Karte und laufen etwas ab. Wir kommen an einem Laden vorbei, gehen herein und ich Frage frei heraus: “Was ist das hier?”. Die Frau fängt an uns ihre Arbeit zu beschreiben. Die appc (Assoziation Panamas für Konservation) arbeitet mit Tieren, die quasi Waisen sind. Zieht sie auf und wildert sie wieder aus. Hauptsächlich arbeiten sie mit Faultieren und so lernt sie uns extrem viel über die Stinker. Wir lernen, dass sie nur einmal pro Woche auf Toilette gehen, wieso das so ist, dass sie ihre Kleinen 1,5 Jahre aufziehen, bis sie wieder allein unterwegs sind, dass sie ziemlich schnell sein können und wer ihre Feinde sind. Ich lerne auch zum ersten Mal, dass die Harpyie, der stärkste Greifvögel der Welt, existiert, der einzige Vogel, den das Faultier als Feind hat. Wir verquatschen uns eine Stunde mit der Dame und sind nun froh über all die zufälligen Dinge, die auf Reisen passieren können. Der Kaffeedurst der beiden Jungs treibt uns in eine Bäckerei. Ich bekomme meine heiße Schoki und beobachte ein bisschen das Geschehen. Mir fällt auf, dass die Leute hier ein bestimmtes Brot in Massen kaufen. Auch aus der Backstube kommt es in Massen heraus. Ich sitze an einer Art Bar. Hinter der Bar ist ein Steinofen und ein junger Mann jongliert mit den Backblechen herum. Ich frage ihn, was das Besondere an dem Brot ist. “Es ist mit Käse und Chilli”, antwortet er. Moritz sagt scherzhaft: “und kostet vermutlich 20 US-Dollar.” Er schmunzelt und meint: “14.” Mir fällt alles aus dem Gesicht, aber ich Frage ihn auch: “Ist es vielleicht möglich es zu probieren?”. Er überlegt hin und her und antwortet schließlich: “Klar, ich kann da bestimmt was für euch machen.” Er nimmt ein frisches, noch warmes Brot vom Blech und schneidet es an. 14 Dollar futsch. Er richtet es sogar schön an und wir bekommen nicht einmal wenig. Und das Brot ist wirklich extrem lecker und reichhaltig, obwohl es Weißbrot ist. Wir bedanken uns 5 Mal und können unser Glück kaum fassen. Dieser Ort, was bis 1999 ein amerikanischer Militärstützpunkt war, schien am Anfang so verlassen und stellte sich dann als so interessant und cool heraus. Es wirkt alles fast wie eine intelligente reiche Kommune, die hier zusammen lebt und arbeitet. Fußballfelder & Co. sind auch vorhanden. Am Ende reicht die Zeit gar nicht aus, um alles zu entdecken und wir “müssen” zurück zum Kanal. Die Tickets haben wir ja schon, also geht es direkt herein. Zur Einstimmung gibt es einen Film, aber was für einen. Von Morgan Freeman in die Wege geleitet lernen wir hier alles. Warum ist ein Panama-Kanal nötig gewesen. Warum ist der erste Versuch gescheitert und weshalb hat beim 2. Mal alles geklappt. Der Regenwald hat seine tücken: 8 Monate Regen, Krankheiten, wie Malaria und Gelbfieber, die man noch nicht kannte, ein reißender Fluss. All das hat beim ersten Versuch 20000 Menschenleben gekostet. Die Strategie wurde gewechselt, der Fluss gestaut und der Kanal nur am südlichsten und nördlichsten Ende gebuddelt. Dr. Gorka entdeckte Gelbfieber in Mücken und so gingen die Arbeiten voran. Heute werden 300 000 000 Tonnen Güter pro Jahr durch den Kanal geschifft und so 1920 Häfen miteinander verbunden und 3 Wochen Umweg in gefährlicher See gespart. Als ich alles wissen in mich aufgesaugt hatte, wollte ich nun auch in Wirklichkeit das Wunder bestaunen. Es ist zwar extrem überfüllt hier, aber ich bin gut im ausblenden anderer Menschen. Wir sind gerade auf der Aussichtsplattform angekommen, kommt auch schon das erste Containerschiff aus Südkorea. Nachmittags kommen alle von Nord nach Süd, nachdem am Morgen alle von Süd nach Nord durch den Kanal in Miraflores sind und sich auf dem gestauten Fluss, welches heute der Gatun-See ist, treffen. Zentimeterarbeit ist angesagt. Züge an den Seiten, die den Schiffen dabei helfen, durch den Kanal mit manchmal nicht mehr als 20cm pro Seite zu navigieren, leiten nach und nach den Weg durch die 3-Etagen-Schleuse. Diese Durchfahrt kostet 320 000 Dollar. Selbst wenn alles nur durch Schwerkraft des Wassers funktioniert, denn hier ist nicht eine Wasserpumpe verbaut, lässt sich Panama ihr Wunderbauwerk gut bezahlen. Auch wenn es die Amerikaner waren, die den Bau leiteten, überschrieben sie den Kanal 1977 an Panama. Auch der Eintritt war nicht billig, aber es war es wert, mal tief in den Geldbeutel zu greifen. Man sieht nicht jeden Tag ein Containerschiff von 3 Fußballfeldlängen scheinbar über das Land fahren. Ich bin den Tränen nah, als ich realisiere, was wir alles erschaffen können. Würde ich es nicht vor Augen haben, würde ich es nicht glauben. Als die Füße beginnen weh zu tun beschließen wir ein Taxi zurück ins Zentrum zu nehmen. Der Preis schreckt uns ab und wieder kann ich die beiden von etwas überzeugen. Daumen raus, das dritte Auto hält an und sie meinen, dass es bei ihnen nie so schnell geht. Ich bin es als Frau so gewohnt. Kleiner Bonus nebenher. Ich verabschiede mich schlussendlich von Yair und nach einem kleinen gemeinsamen Spaziergang auch von Moritz. Wir reisen in verschiedene Richtungen weiter.

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