Unglaublich aber wahr

Der Tag hat so gut begonnen. Ich verabschiede mich vom Nationalpark Cotacachi Cayapas und rolle herunter nach Otavalo, wo Livia auf mich wartet. Livia kenne ich aus Peru vom Huayhuash-Trek, wo wir gemeinsam in einem Zelt übernachtet hatten. Ich sammel sie also ein und wir fahren gemeinsam weiter. Zunächst zu einem Wasserfall ganz in der Nähe der Stadt, Cascada de Peluche. Alles scheint noch zu schlafen, aber wir kommen auch so auf das Gelände, super gepflegt. Es erinnert uns irgendwie an Schottland. Ein kurzer Weg führt uns zum Wasserfall. Die Aussicht ist schön, aber wir bemerken, dass es scheinbar noch einen 2. gibt, also machen wir uns auf den Weg dorthin. Ein wenig nach oben und es scheint nicht mehr weiter zu gehen. Das Schild weißt uns darauf hin, dass wir nun durch den Tunnel müssen und dann ein Stück im Fluss weiter gehen sollen. Super cool und spektakulär. Der Tunnel ist klein und eng, der Fluss schön erfrischend. Der Wasserfall ist etwas unspektakulär aber der Weg hat sich gelohnt. Wir sind happy und machen uns auf den Rückweg. Jetzt geht es noch in eine Handwerkstatt. Es wird nur für uns geöffnet. José, der Besitzer führt uns herum, zeigt uns die Webstühle, wo all die Kleidung und Decken hergestellt werden und schaut uns geduldig dabei zu, wie wir uns ein paar Sachen aussuchen. Am längsten brauche ich, mir eine Kuscheldecke aus 50% Alpaka und 50% Schafwolle auszusuchen. Aber am Ende werde ich fündig. Leider muss ich später am heutigen Tage schon wieder Abschied von ihr nehmen aber dazu später mehr. Als wir mit unserem Einkaufsbummel fertig sind, steigen wir ins Auto und fahren kurz vor die kolumbianische Grenze nach Tulcán. José hat uns empfohlen, hier den Friedhof zu besichtigen. Und ich kann bestätigen, dass dies ein besonderer Friedhof ist. Das gesamte Gelände hat eher den Charakter ein schöner grüner Park zu sein. Alle Hecken sind in wilden Formationen, Figuren, die an die Inca erinnern, als Tiere und Torbögen geschnitten. Völlig surreal dieses Bild. Man fühlt sich wohl und vergisst etwas, dass man auf einem Friedhof ist. Das heutige Foto des Tages entsteht genau hier. Ich habe es ausgewählt, da ich es von allen Tagesaktivitäten am utopischsten finde. Auf der kleinen Wanderung habe ich auch super schöne Bilder gemacht, aber es war bei weitem nicht so einzigartig wie dieser Friedhof. Und dann stand noch der Grenzübergang bevor. Von Ecuador nach Kolumbien. Mit Geduld lässt sich das immer machen. Denkste, nicht in Kolumbien. Der Zoll in Kolumbien will irgendwelche wilden Papiere ausgefüllt haben und ich brauche irgendeine zusätzliche Versicherung damit ich einreisen kann. Gottseidank treffen wir auf andere Reisende, die diesen Papierkrieg gerade hinter sich gebracht haben und uns an eine Dame verweisen, die das alles für sie erledigt hat. Da steigt kein Mensch durch. Wieso ist es hier so kompliziert und an allen anderen Grenzen bisher so machbar gewesen. Ich bin gestresst. Meine Papiere rotieren zwischen den Leuten. Vom Foto der Fahrgestellnummer bis zum Einreisestempel, von meinem Personalausweis plus Reisepass und meinem Führerschein. Als ich alles wieder in den Händen habe, bekomme ich eine Mail, mit der ich endlich zum Zoll kann. Jetzt funktioniert alles so wie sonst auch immer. Er nimmt meine Daten auf und ich darf einreisen. Wieso der Papierkrieg im Vorhinein notwendig war, weiß keiner. Wir fahren nach Kolumbien herein, in die erste Stadt Ipiales, suchen ein wenig nach einem Parkplatz und gönnen uns endlich etwas zu essen. Die Stadt ist gerade sehr beschäftigt und so sind wir froh, dass wir etwas Ruhe und eine warme Mahlzeit und so wieder Energie tanken können. Wir hängen beide völlig durch. Der Parkwächter meinte zu uns, er sei bis um 6 da, also geht es Punkt 6 wieder zum Auto. Es ist kein Parkwächter mehr da. Als ich das Auto aufschließe, versteht mein Kopf nicht, was meine Augen gerade sehen. So haben wir das Auto nicht hinterlassen! Alles liegt Durcheinander und dann realisiere ich es: in mein Auto wurde eingebrochen. Das wichtigste: meine Autopapiere sind noch da, auch wenn sie völlig wo anders sind. Mein Rucksack ist Weg. Mein Liebling, der mich seit 12 Jahren überall hin begleitet hat. In meinem Rucksack war meine Daunenjacke und meine Regenjacke, mein erste Hilfe-Kästchen und meine Medikamente, mein erst neu erstandenes Taschenmesser und ganz viel nützlicher Kleinkram. Ich habe außerdem ein weiteres Loch in meinem Auto: das Radio wurde entwendet. Alle fremdwährungen der anderen Länder sind noch im Handschuhfach. Meine Drohne ist noch da und meine Kamera auch. Was allerdings fehlt, sind meine frisch gekauften Wollsachen. Gut, dass ich zumindest eine Jacke anhatte. Wir sind völlig fassungslos. Wie kann so etwas am hellerlichten Tage mit so vielen Passanten passieren? Das schlimmste ist eigentlich, dass mein Schloss an der Beifahrertür so verbogen ist, dass sie nun nicht mehr schließt. Ich hatte trotzdem etwas Glück im Unglück, sie hätten weitaus mehr entwenden können. Trotzdem ist es völlig unklar, warum man so etwas tut. Damit ich mich etwas sicherer fühle, bleibt Livia heute mit bei mir im Auto und wir dürfen auf dem abgeschlossenen Gelände der Gondel schlafen. Völlig ungläubig gehen wir zu Bett. Freitag der 13. kam mit einer Woche Verspätung, dafür aber mit geballter Kraft.

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