Erkundungstour per Fernreiseführer

Durch den Gestank von Zigaretten wache ich heute auf und entscheide deshalb nach dem Frühstück nicht länger in dem Hostel in Guayaquil zu bleiben. Ich packe also meine Sachen und bin weg. Von Carlo, der ja aus Guayaquil stammt, habe ich ein paar Empfehlungen bekommen, was ich mir anschauen kann. Da ich mein Galapagos-Budget mit dem gestrigen Abendessen exakt aufgebraucht hatte, musste ich erstmal wieder Bargeld holen. Danach geht’s aber los. Im Historischen und Zoologischen Park von Guayaquil. Ich bekomme den günstigeren Eintritt, der für die Einheimischen gedacht ist und werde direkt erstmal von einem Guayaquil-Ara, der das Wahrzeichens der Stadt ist, begrüßt. “Hola!” Ich glaub’s nicht und hoffe er sagt es nochmal, wenn ich das Ganze filme. Und tatsächlich, auf mein “Hola!” antwortet er prompt. Witzig. Was ich super interessant finde, dass die meisten Papageien, Aras und was auch immer nicht in Gehegen/Käfigen sind. Super cool eigentlich. Auch sonst ist der Zoo sehr offen gestaltet und so sind auch die Schilder Kreuz und quer verstreut. Zu meinem Glück komme ich gerade Morgens zu Fütterzeit und so kann ich die meisten Tiere dabei beobachten, wie sie fressen. Ich habe zum Beispiel noch nie die Zunge eines Papageien gesehen. Und die Wildschweine fressen tatsächlich wie die Schweine, sie werden ihrem Ruf gerecht. Die Affen sind Recht wählerisch und der Boss sortiert erstmal die Hälfte aus und fegt es vom Tisch, was sich die eine Schildkröte, die sich in ihren “Burggraben” geschlichen hat, heimlich stibitzt. 12 Affenaugen werden mit einer Schildkröte nicht fertig. Wem das Essen besonders zu gefallen scheint, ist ein männlicher Tapir, da er plötzlich 5 Beine hat. Mir gefällt der Park wirklich super. Es führt die ganze Zeit ein Steg durch den Mangrovenwald. Die Einzigen, die wirklich separiert sind, sind die Fleischfresser, wie Herr Ozelot, Mister Amazonas-Krokodil, die Burschen von und zu Kaiman und die freche Bande Waschbär. Was auch sehr interessant für mich ist, dass es ausschließlich Tiere sind, die in Ecuador einheimisch sind, was mir allerdings heute Abend in der Natur etwas Angst bereitet, sobald ich etwas rascheln höre. So ehrlich muss ich sein. Als der zoologische Teil vorbei ist, komme ich automatisch in den historischen. Hier stehen die historisch wichtigsten Gebäude der Stadt. Die meisten hat nach der Baufälligkeit die Zentralbank Ecuador gekauft, restaurieren und wie auch immer hier her frachten lassen. Wir haben zum einen das Haus der Zentralbank selbst, das Haus, in dem die Unabhängigkeit Guayaquils unterzeichnet wurde und das ehemalige Ratshaus. In den 1880-1890 Jahren war Ecuador der führende Cacao-Produzent, was sich in zahlreichen wohlhabenden prunkvollen Gebäuden zeigte. Auch das Gebäude der Kirche und Hospiz wurden hier her umgesiedelt. Ich darf mir die Gebäude anschauen und hier und dort finde ich Erklärungen. Die alte Eisenbahn lässt die Zeitreise perfekt werden. So langsam quält mich der Hunger, aber auch dafür hat mein Tele-Reiseführer gesorgt. Ich gehe in einen eingezäunten Bereich. Ich sehe nur Geschäftsleute in ihren Anzügen. Ich komme mir in meinem Rock und Top etwas schäbig vor aber wen stört’s? Hier gibt es Fischrestaurant im Wechsel mit Immobilienmaklern. Interessante Mischung. Als ich “LA PATA Gorda” lese, weiß ich hier bin ich richtig. Ich bekomme ein eigenes Abteil mit Schiebetür und bestelle exakt das, was mir aufgetragen wurde und es nur in Guayaquil gibt. Chopsoe, was eine Bowl mit Reis, halb gekocht, halb knusprig angebraten, Krabbenfleisch, gebratener Banane, Zwiebeln und einer hausgemachten Sauce ist. Super lecker. Als Vorspeise gab es noch salzige Bananenchips mit einem Knoblauchdip und zur Nachspeise einen Minz-Smoothie kostenlos dazu. Alles super lecker. Da ich noch etwas Zeit habe, bis ich mein Biesti aus der Werkstadt abholen kann, geht es noch in ein anderes Stadtviertel, in das Künstlerviertel Las Leñas mit seinen schönen süßen alten bunten Häuschen. So ziemlich in jedem ist eine Galerie oder ähnliches. Ich laufe an der schönen Uferpromenade entlang, genieße den Blick aufs Wasser und entdecke immer wieder etwas neue, so zum Beispiel eine Gondel quer durch die Stadt und rüber auf die andere Uferseite des riesigen Guaya-Flusses, einen Freizeitpark, durch den ich direkt hindurch laufe und mitten auf meinem Weg im Grünen entdecke ich 2 riesige Leguane, die die saftigen Blätter der Parkpflanzen genießen. Am Monument Malecón 2000 angekommen, schieße ich noch ein paar Fotos mehr, mache mich dann aber doch auf den Weg zum Bus, der hier nicht anhält, sondern man während der Fahrt durch die offene Tür springen muss. An meiner Endhaltestelle angekommen, habe ich nur noch ein paar Meter zu laufen und ich entdecke das Biest, wie es blitzt und blinkt. Nicht nur mein Motor wurde repariert und das Öl in der Hinterachse ausgetauscht, nein, es wurde auch komplett gesäubert. Wie nötig es war, sehe ich immer erst, wenn es wieder sauber ist. Wir schmeißen den Motor an und das Kätzchen schnurrt vom Feinsten. Auf der Straße kann ich es nicht fassen, wie viel Power mein Auto hat. Wer mich kennt, weiß ja, dass ich ab und zu mal meine Momente habe, in denen nicht nur ich über mich lachen kann. “Jetzt bin ich wieder eine von den Schnellen.” sage ich scherzhaft zu den anderen Autofahrern und muss heftig schmunzeln während ich auf meinem Fahrersitz auf und ab hüpfe. Ich bin gerade erst aus Guayaquil heraus und werde schon angehalten. Eines meiner Lichter ist mal wieder ausgestiegen. Zum ersten Mal soll ich einen Bus Zettel bekommen. Problem: ich soll ihn in 3 Tagen in der Polizeiinspektion bezahlen. Wir diskutieren nett hin und her und selbst er sieht irgenwann ein, dass das Mist ist, weil hier gibt es exakt Nichts und ich will wirklich weg hier aus der Gegend. Während wir also miteinander reden, wird es dunkel. Er möchte 70 Dollar für die Stornierung haben und ist weg. Was soll man machen. Ich weiß nicht ob das ein Delikt von Korruption war oder Nettigkeit, aber einen Beleg habe ich nicht erhalten. Wie auch immer, da es dunkel ist, muss ich mir jetzt doch hier irgendwo zwischen den Bananenplantagen einen Campingplatz für die Nacht suchen. Auch wenn mir davon abgeraten wurde, da wohl in den Plantagen tausende Kilo Kokain lagern, aber die Sonne bestimmt meinen Tag und sie bestimmt heute, dass ich in den Bananen schlafe. Ich bin also etwas nervös und wachsam, während ich diese Zeilen schreibe.

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