Szenen wie aus dem Bilderbuch

Gestern habe ich mich mit Michelle aus Kanada zu unserer heutigen Wanderung verabredet. Sie kommt also Punkt 8 genau da an, wo ich in den Bergen übernachtet habe und von dort aus starten wir Richtung Laguna Llaca. Der Weg ist heute weniger steil als gestern und trotzdem sind wir am Slow-Motion-Wandern. Der Sauerstoff reicht einfach nicht aus und dabei sind wir nur bei 4000 Höhenmetern unterwegs. In 9 km machen wir 1000 Höhenmeter. Zunächst geht es über eine Art Steppenlandschaft bevor wir den Nationalparkeintritt löhnen müssen, 30 peruanische Soles pro Person. Wir geben einen 100er-Schein hin und erwarten 40 Soles Rückgeld, bekommen aber 90 Soles zurück. Ich frage zweimal nach. Der alte Mann lächelt nur verschämt und bedankt sich. Ich für meinen Teil bedanke mich für den Nachlass, wieso auch immer und bin ganz schnell fort. Nun führt uns der Weg in ein schmales Tal von steilen Felswänden umgeben. Wir kreuzen ein paar Mal die Schotterpiste, denn man kann auch mit dem Auto zur Lagune fahren, aber wir denken uns, der Weg ist das Ziel und so genießen wir unsere Atemlosigkeit, das Schwindelgefühl, dass sich langsam, aber sicher wieder einstellt und vor allem aber die Aussichten. Das Tal ist von einem Fluss aus dem Gletschersee gespeist schön grün. Wir treffen auf ein paar frei lebende Kühe und Pferde und gehen immer recht entspannt am Fluss entlang Richtung Gletscher, den wir schon seit Anfang an sehen können und somit unser schier unerreichbares Ziel immer vor Augen haben. Durch die vielen Kühe gibt es hier auch ordentlich viele Bremsen, die mir jede Sekunde ins Gesicht fliegen und mich wirklich wie eine Kuh fühlen lassen. Ich habe zwar seit 4 Tagen nicht mehr geduscht, aber Michelle versichert mir, dass ich nicht stinke. Das taffste Stück kommt zum Schluss, wir müssen uns fast senkrecht 200 Meter Serpentinen heraufquälen. Das einzig Gute: umso höher wir kommen, umso frischer wird es und umso weniger Bremsen gibt es. Wir halten super gut durch, aber sind unendlich froh, als wir nach 6 Stunden endlich oben angekommen sind. Wir legen uns hin, stärken uns und während Michelle ihr Mittagsschläfchen hält, bestaune ich die majestätisch anmutende Natur. Der türkistrübe See umgeben von Bergen und im Hintergrund der riesige Gletscher, der einst das Tal formte, in dem wir soeben langspaziert sind. Ich komme mir so klein und unbedeutend vor. Dieser Ort ist magisch und es kommt mir fast vor, als würde ich durch einen Schwarz-Weiß-Filter schauen. Ein paar Stretch-Übungen und es kann zurück gehen. Als wir um einen Hügel zum Refugio kommen, sehen wir das erste Mal am heutigen Tage andere Touristen. Wir wundern uns, dass sie nicht am See sind und die Aussicht genießen. Eine peruanische Familie, die hier zelten will, versucht Freundschaft mit einem Bullen zu schließen und die anderen Zelte sind verlassen. Als ich meinen Blick schweifen lasse, entdecke ich alle anderen hoch oben an der Felswand, alle samt Kletterer. Den Rückweg gehen wir nun ein Stück entlang der Straße, da diese weniger steil ist und wir schaffen es ohne auch nur eine Pause in 2 Stunden zurück zum Auto. Michelle stirbt halb auf der Fahrt nach unten, aber ich fühle mich auf diesen Straßen mittlerweile pudelwohl. Wir fahren mitten in ein kleines Straßenfest hinein, genießen es kurz, bevor wir unsere heiß ersehnte Dusche genießen und danach noch mit Saulo aus Brasilien, den wir auch gestern kennen gelernt haben, Abendessen gehen. Der Weg zurück zum Hostel in Huaraz ist eine super Abschlusswanderung und lockert nochmal die müden Beine. Heute schlafe ich also ganz gemütlich im Hostelbettchen ein.

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