
In Brasilien leben die meisten Nachfahren von Afrikanern außerhalb Afrikas. Dieser Fakt wurde mir heute im Museu Afro Brasil im Parque Ibirapuera sehr deutlich vor Augen geführt. Ein riesiges Museum voller Beweise. Ein riesiges Museum voller Kunst, voller Kostüme und voller Gänsehaut. Brasilien war außerdem das letzte westliche Land, dass die Sklaverei abschaffte. Erst 1888 sagte man dem entgegen. Unglaublich für uns heute. Ich schlender also durch das Museum und ich bin heute mit extrem vielen Schülern hier drin. Blöd, dass ich kein portugiesisch kann, sonst könnte ich zuhören, was ihnen unterrichtet wird. Auch die Hinweistafeln sind leider ausschließlich auf portugiesisch. Dementsprechend heißt es nur Bilder und Skulpturen anschauen. Im heutigen Foto des Tages ist eine Arbeit zu sehen, die mir Gänsehaut am ganzen Körper verliehen hat. Dazu gab es 2 Gründe, einen guten und einen schlechten. Den schlechten Grund zuerst. Was hier dargestellt wird, ist traurig, aber die pure Wahrheit. Es stellt den Prozess der Gefangennahme und der Verschiffung der Afrikaner nach Brasilien dar. Sklaverei. Unvorstellbar in unserer heutigen Welt, wo wir wissen, dass wir alle gleich sind. Aber fort mit den trüben Gedanken. Jetzt kommt der gute Gänsehautmoment an der ganzen Sache. Man sieht, dass das Kunstwerk mit Müll, mit Resten von irgendwelchen handelsüblichen Alltagsgegenständen gestaltet wurde. Ich bin sofort ein paar Jahre zurück gereist. Ich bin direkt mit meinen Gedanken in der heimischen Werkstatt. Immer, wenn mein Papa etwas gebaut hat, habe ich mir irgendwelche Müllreste vom Boden zusammengesucht und daraus etwas gebastelt, es zusammengeklebt und dann damit gespielt oder es verschenkt. Ewig habe ich nicht mehr daran gedacht, aber jetzt fühlt es sich an, als wäre es gestern gewesen. Wieder heraus aus meiner Traumblase, raus in die Wirklichkeit, raus ins heute. Der Park ist wunderschön. Ich laufe am See entlang und genieße die Zeit ein wenig im Schatten einer Palme, beobachte die Vögel und Kois im Wasser. Als ich weiter gehe, sind auch die Schulklassen wieder da. Sie befragen Passanten, aber irgendwie scheint mir auf der Stirn geschrieben, dass ich kein portugiesisch spreche, da ich erstmal gar nicht angesprochen werde. Erst ganz am Ende traut sich ein Mädchen mit mir zu reden. Ich stammel mir zurecht, dass ich kein portugiesisch kann. Von hinten ruft es: “Aber Englisch oder?” Und ich werde zum Hit des heutigen Tages. Sie freuen sich riesig mit einer Deutschen zu sprechen und ihr Englisch zu prüfen. Die Umfrage handelt von brasilianischem Essen. Jackpot, das ist das einzige Thema zu dem ich einen Beitrag leisten kann. Schüchtern, aber auch voller positiver Aufregung übersetzen sie mir die Fragen: Welche Speisen von denen hast du schon gegessen? Welches dieser Gerichte, denkst du stammt nicht aus Brasilien? Und woher kommt es? “Feijoada, aus Afrika!” sage ich stolz und die 13-Jährige meint: “Good job!” und bezeichnet mich noch zum Abschied als süß! Wow so ein Kompliment von einer 13-Jährigen. Mit einem riesigen Lächeln im Gesicht gehe ich weiter im Park, nicht mehr lang und ich habe nach einigen Stunden hier alles gesehen. 4 Museen, 1 Planetarium, 2 Seen, 1 Restaurant, 1 Café, ganz viele BBQ- und Picknick-Bereiche, Spielplätze und ganz viele King-Coconuts zum Erfrischen. Außerdem werden Fahrräder und Dreiräder für 2 verliehen, da der Park wirklich riesig ist, aber auch einfach wirklich sehr schön. Ich gehe nun die Straße entlang und treffe bald auf die Avenida Paulista. Eine riesige Straße mit Geschäftsgebäuden, mit Kunst am Straßenrand und natürlich, bei diesem Besucheransturm, auch vielen Straßenverkäufern. Es ist fast so geschäftig wie auf dem Broadway. Wenn man über die Ampel geht, muss man sich einen Weg durch die sich begegnende Menschenmasse suchen und aufpassen, dass man auch wirklich an der anderen Seite ankommt. Ich kann diesmal nicht widerstehen, mir etwas zu gönnen. Ich rede mir ein, ich mache mir ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk. Die Sonne geht auch schon unter, also wird es für mich Zeit mit dem Uber/Taxi zurück in meine Unterkunft zu fahren. Schnell in den Badeanzug schlüpfen und rein in den Pool einige Bahnen ziehen. Das habe ich gebraucht. Ein bisschen Ruhe für mich nach dem regen Treiben am heutigen afrobrasilianischen Tag.