
Und wieder einmal früh aus den Federn. Diesmal bin ich ziemlich traurig, Frühstück gibt es bis 7:30, da hiernach das Schiff in Gruppen verlassen wird. Ich bin wie in einem Film, alles zieht an mir vorbei. Ich möchte nicht vom Schiff herunter. Ich kann es einfach nicht fassen. Kann ich mich irgendwo verstecken, dass ich nochmal mit kann? Ich möchte nicht raus in diese dreckige und stressige Welt voller Menschen und Internetverbindung. Wir sind seit Stunden im Hafen aber keiner möchte seine Internetverbindung anschalten. Nach nur 10 Tagen haben wir uns komplett davon entwöhnt. Was für eine seltsame Welt das doch da draußen ist. Meine Gruppe wird aufgerufen und ich habe leider keine andere Wahl. Die Schiffsärztin sagt Tschüss zu mir und hofft, dass wir uns in der nächsten Saison wieder sehen. Die Expeditionsleiterin schenkt mir ein verschmitzes Lächeln, irgendwie habe ich eine besondere Verbindung zu ihr aufgebaut. Und einige der Crewmitglieder wünschen mir zum Abschied viel Erfolg mit meinem Auto. Verdammt, das wirkliche Leben ruft wieder. Jeder der Inception gesehen hat, kann vielleicht etwas fühlen, wo ich mich gerade befinde. Ich komme von Ebene 3 zu Ebene 2 zurück. Von einer Realität, die nicht ganz wahr ist, zurück in die Realität, die immer noch nicht ganz die Realität ist, da ich mich auf Weltreise befindet und nicht zurück nach Deutschland in den Alltag muss. Alles ist wie ein Traum im Traum. Was ist die Wirklichkeit? Die Gefühle überrennen mich als ich aus dem Bus aussteige und auf die Straßen schaue. Habe ich noch Gefallen an dieser Welt nachdem ich die reine Schönheit dieser Erde gesehen habe? Ich habe das Gefühl man hat mir jeglichen Boden unter den Füßen weggezogen. Ich muss hier weg, die Tränen rennen über mein Gesicht und ich werde von meinen Freunden aufgefangen, die selbst ziemlich melancholisch sind und nicht mehr genau wissen, was wirklich ist und was nicht. Ich war in einer Blase, das Schiff war unsere Komfortzone und nun haben wir sie verlassen, einige lassen sich ziemlich schnell wieder von der eigentlichen Welt einholen, hängen an ihren Handys und eilen weiter zum nächsten Ziel, während ich noch in der Antarktis hänge und Angst habe, was mich hier erwartet. Die Gruppe wird in Stücke gerissen, was mich noch mehr zweifeln lässt, während ich weiterhin eine Schulter neben mir habe, auf die ich mich stützen kann. Es wird immer Menschen geben, die dich verlassen. Es wird aber auch immer Menschen geben, auf die man sich verlassen kann. Nach einem gemeinsamen Mittagessen, ist es dann doch irgendwann Zeit getrennte Wege zu gehen, da wir alle in unsere Unterkünfte gehen und etwas in Ushuaia ankommen. UV und ich sind noch nicht ganz so weit und machen noch einen kleinen Spaziergang durch die Stadt. Was mir sehr hilft, wir treffen zuerst Luh und Frank vom Schiff wieder. Jeder freut sich den anderen zu sehen. Kurz darauf sehen wir Claudia und Hanna, ebenfalls Crew-Mitglieder und ursprünglich aus Deutschland. Ich Frage, ob es nicht hart sei, jedes Mal neue Kontakte zu knüpfen und diese so schnell wieder gehen zu lassen, denn sie sind schon wieder auf dem Weg zum Schiff welches sich noch heute wieder auf den Weg in die Antarktis macht. Ein Film, der immer und immer wieder abgespielt wird. Aber ich bekomme eine gute Antwort: Das Leben geht weiter und wir werden uns definitiv wieder sehen, jeder sammelt seine Erfahrungen in dieser Zeit und dann kann man sich wieder austauschen und außerdem sind die Passagiere nicht alle immer so nett wie bei unserer Tour. Wir wahren eine wirklich super Truppe. Das wärmt mein Herz und ab diesem Zeitpunkt kann ich wieder Lächeln. Ich treffe meinen Host in der Stadt und er nimmt mich in seinem Auto mit zu seinem Haus. Nach einem Mate entscheiden wir kurzfristig zum Wasserfall Cascada Velo de la Novia zu wandern, wo ich mein heutiges Foto des Tages aufnehme. Eine super schöne kurze Wanderung. Ich sehe, dass die Welt auch außerhalb der Antarktis schön ist. Was so besonders daran ist, kann ich nur schwer beschreiben. Man muss selbst da gewesen sein, um die Magie dieses Ortes zu verstehen. Eine schnelle Dusche und schon sehe ich die anderen zum Abendessen wieder. Wir können doch noch nicht voneinander loslassen.