Antarktis Tag 2: Drake-Lake oder Drake-Shake?

Wir durchqueren die Drake-Passage des Südozeans, hier treffen warme und kalte Strömungen aller anderen Weltmeere aufeinander. Aufgrund dessen, ist diese Passage für sehr hohe Wellen bekannt. Dementsprechend konnte ich recht wenig schlafen. Als ich mich heute morgen auf den Weg zum Yoga mache, Yoga ist übrigens sehr schwer bei einem solchen Seegang, werden nach und nach immer mehr Leute seekrank. So ziemlich alle nehmen zur Vorsorge Medikamente. Mir geht es auch ohne allem ziemlich gut, gottseidank. Ich möchte es mir nicht vorstellen in meiner Kajüte ohne Fenster den Tag zu verbringen. Es gibt viel zu viel zu erleben. Wir werden heute auf die kommenden Tage vorbereitet. Zunächst bekommen wir eine Art Sicherheitsunterweisung wie wir uns in der Antarktis und in den Zodiacs (robusten Schlauchbooten) zu verhalten haben. Wie viel Sicherheitsabstand zu den Tieren? Wer hat Vorfahrt auf den Pinguin-Highways? Wie steige ich ins Boot? Alles sowas eben. Danach folgt ein fakultativer Kurs zu Citizen Science Programs. Wir befinden uns ja auf einer Exkursion und deshalb werden wir auch Daten für alles mögliche sammeln: wie viel Phytoplankton befindet sich im Wasser? Welches und in welchem Verhältnis? Welche Seevögel haben wir wann und wo gesehen? Falls wir Wale sehen, ist ein Foto der Schwanzflosse zielführend, da sie wie ein Fingerabdruck individuell für jedes Tier ist, um Daten zu sammeln, wo sie sich im Moment befinden und welche Strecken sie zurücklegen. Gleiches gilt für die Unterseite einer Robbe. Heute als ganz viel Input. Nach einem sehr guten Mittagessen, der Chefkoch, Frank, ist übrigens aus Stuttgart, machen wir uns ans Säubern unserer äußeren Kleidungsschicht. Das Ganze nennt sich Biosecurity. Da die Antarktis ein so sensibles Ökosystem ist, und riesigen Effekt auf unser Klimasystem hat, müssen wir es ganz besonders schützen. Kein Dreck, kein Krankheitserreger, kein Samen einer nicht einheimischen Pflanze darf eingeschleppt werden. Daher, wird alles sorgfältigst gereinigt und desinfiziert. Einmal auf antarktischem Boden dürfen wir uns weder setzen, noch hinhocken oder -legen. Den wir wollen auch nichts von dort zu einer anderen Landungszone verschleppen, wie zum Beispiel die aktuelle Avian Influenza, die auch Meeressäuger und uns Menschen befallen kann. Kurz gesagt, wir wollen also nicht in “Pinguin-Kacke” liegen und uns oder andere dadurch mit Vogelgrippe anstecken. Im Mud-Room bekommt jeder seinen Schrank, wo die Sachen nach jeder Expedition platziert werden. Einerseits zum Trocknen und andererseits, weil wir den Geruch nicht im restlichen Schiff haben wollen. Jeder bekommt Gummistiefel, eine Daunenjacke, eine Hardshelljacke, eine Skihose, Handschuhe und eine klitzekleine Rettungsweste. Währenddessen sieht man immer mehr bleiche Gesichter. Wir haben außerdem gelernt, wie man Strömungen und Wellen bestimmt bzw. klassifiziert. Im Moment sind wir tatsächlich im grünen Bereich, was heißt, dass die See für die Drake-Passage noch recht ruhig ist. Wir haben nur Wellen von 3 m Höhe und kommen mit einer Geschwindigkeit von 12,5 Knoten sehr schnell vorwärts. Das nennen wir hier Drake-Lake, weil es ruhig wie ein See ist, auch wenn keiner einen geraden Schritt machen kann, aber das scheint ruhig zu sein. Im Gegensatz dazu gibt es den Drake-Shake, wo man also noch viel mehr durchgeschüttelt wird mit Wellen von 8-10 m Höhe. Wir, die nicht seekrank sind, sind sehr froh, dass wir den ganzen Tag zusammensitzen, uns unterhalten, Karten spielen und einfach nur die wilde See auf dem Deck genießen dürfen. Diese Kraft. Dieses Wilde. Dieses Unmenschliche. Mitten in einem riesigen Ozean auf einem recht kleinen Schiff wie der Ocean Endeavour sein zu dürfen, verleiht mir Gänsehaut. Alles fühlt sich so unwirklich an.

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