Kleine Zeitreise

Ich mache mich bereits heute auf dem Weg, die Aufregung steigt, am Samstag geht mein Flug nach Ushuaia. Busti bringt mich zur Bushaltestelle in Montevideo. Er checkt kurz die Zeit und verdammt, wenn wir so weiter laufen, schaffen wir es eventuell nicht rechtzeitig. Gut, dass er sein Fahrrad dabei hat. Ich soll mich auf den Lenker schwingen und schaue ihn skeptisch an. Wir haben doch viel zu viel Gepäck für solche Spielereien, aber im Grunde will ich das schon mitmachen, also hopse ich auf den Lenker. Und nun? Lehnst du dich zurück. Hä? Wohin? Gegen mich. Und tatsächlich, das funktioniert irgendwie. Und wie das funktioniert. Ich komme aus dem Lachen nicht raus. Eine Frau sieht uns und schüttelt nur mit dem Kopf. Eine rote Ampel, die gilt nicht für uns. Was für ein Abenteuer. Und da dachte ich den einen Tag schon, es sei ein Abenteuer allein mit dem Rad durch Montevideo zu heizen, aber zu zweit auf einem Rad macht es mindestens doppelt so viel Spaß. Wir kommen heile an und während wir auf den Bus warten wird mir ein Klatschspiel beigebracht: “Choco-Choco-la-la-Choco-Choco-te-te-Choco-la-Choco-te-Choco-la-te”. Und auch in diesem Moment bin ich einfach nur froh über die winzigen Kleinigkeiten, die mich am Tag so erfreuen. Busti ist spitze. Vielen lieben Dank für die tolle Gesellschaft, aber wir sehen uns ja nochmal. Ich muss ja wieder nach Montevideo zurück zu meinem immer noch kaputten Autochen. Jetzt geht es aber erstmal in den Bus nach Colonia del Sacramento. Ich kann nirgends so gut schlafen, wie auf den kurzen Busfahrten hier. In Colonia angekommen, geht es ins Hostel del Rio und von da aus direkt in die Altstadt. Ich komme mir vor, wie in einer Zeitkapsel. All die alten Häuschen, alles sehr süß und einfach nicht aus dieser Zeit. Ich kann mir leider viel zu gut vorstellen, wie hier die Sklaven durch die Straßen getrieben wurden, als ich die Calle de los Suspiros entlang gehe, durch die Straße der Seufzer. Dieses Städtchen musste in der Vergangenheit einiges mitmachen und das sieht man auch. Es hat seinen kolonialistischen Charme definitiv behalten, was nicht unbedingt nur negativ ist. Ein paar tolle Stadttore, die alte Stadtmauer ist teilweise auch noch erhalten und dann natürlich dieser wunderschöne Leuchtturm. Ach und was man natürlich nicht vergessen darf, ist das alte originale Pflaster, was sich fast durch die komplette Altstadt zieht. Nicht nur ich bin davon begeistert, sondern auch sehr viele andere Touristen, die fleißig überall ihre Selfies in den Straßen schießen. Ich beende meine Zeitreise und gehe wieder ins Hostel zurück.

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